schwarze kleine Ameisen - gefährlich ? - Las. brunneus u.a.

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Moderatoren: Gerhard Heller, Buschinger

hansemann
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Beitrag von hansemann »

Hallo Herr Buschinger,
In diesem Beitrag wurde von einer (gezüchteten ?!) Fliege berichtet, die ein ganzes Ameisenvolk auslöschen kann - ist Ihnen dazu vielleicht näheres bekannt ? Angeblich legt diese ihre Eier direkt in den Körper der Ameisen ab und diese wandern dann (oder fressen ?! ) bis direkt zum Kopf durch Question Wissen Sie zufällig den lateinischen Namen dieser Fliege Wink
...

hatten Sie zwischenzeitlich schon einmal Gelegenheit etwas über dieses Thema zu erfahren ? Was mich noch interessieren würde ... gibt es Bilder auf denen man mal ein brunneus Nest sehen könnte ( habe über google leider nichts gefunden) ?

Hansemann
Buschinger
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Beitrag von Buschinger »

http://www.nysaes.cornell.edu/ent/bioco ... cteon.html

Es handelt sich um eine Gattung von Buckelfliegen (Phoridae; weltweit 3.000 Arten, Deutschland 340), Pseudacteon, die man in den USA zu züchten und gegen die importierten Feuerameisen (Solenopsis invicta) einzusetzen versucht. Die Erfolge sind bisher mager. Dass es solche Fliegen gibt, die sich in den winzigen Pharaoameisen-Köpfchen entwickeln, halte ich für zweifelhaft.

Eine neue Veröffentlichung dazu ist gerade in der Zeitschrift "Insectes Sociaux" Bd. 54, S. 150-153, erschienen:
D. C. Henne and S. J. Johnson: Zombie fire ant workers: behavior controlled by decapitating fly parasitoids.
Published online: 12 March 2007

Abstract. Laboratory observations were conducted on four separate red imported fire ant, Solenopsis invicta, colonies that contained workers parasitized by the decapitating fly, Pseudacteon tricuspis. Parasitized S. invicta workers remained inside the nest during parasitoid larval development and left the nest approximately 8 – 10 hours before decapitation by the parasitoid. When parasitized ants left the nest, they were highly mobile, were responsive to tactile stimuli, and showed minimal defensive behavior. Ants ultimately entered into a grass thatch layer, where they were decapitated and the fly maggots pupariated. This study reveals that parasitized ants exhibit behaviors that are consistent with host manipulation to benefit survival of the parasitoid.
Keywords: Solenopsis invicta - Pseudacteon tricuspis - host manipulation - host behaviour - parasitoid

Die Fliegen setzen ihre Eier auf umherlaufende Arbeiterinnen ab, die Fliegenlarven bohren sich in den Kopf der Arbeiterin ein, ernähren sich von den "weniger wichtigen" Muskeln etc., sparen sich das Gehirn bis zuletzt auf. Sie veranlassen die sterbende Arbeiterin dazu, das Nest zu verlassen. Dann fällt der Kopf ab, die Fliegenlarven kriechen heraus und verpuppen sich im Boden.

Meine Einschätzung: Null Hoffnung, damit etwas gegen Pharaoameisen ausrichten zu können!

Viele Grüße,
A. Buschinger
!!! EINHEIMISCHE HAUSAMEISEN SIND KEINE SCHÄDLINGE per se !!! - Sie nutzen nur Baufehler bzw. Bauschäden zur Anlage ihrer Nester. Dies ist anders bei Exoten wie Pharaoameise, Pheidole spp. usw..
hansemann
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Beitrag von hansemann »

Hallo Herr Buschinger,

vielen Dank für die Informationen - wirklich alles sehr interessant !
Meine Einschätzung: Null Hoffnung, damit etwas gegen Pharaoameisen ausrichten zu können!
... wirklich sehr schade, denn gerade diese scheinen ja am meisten Schaden anzurichten, wenn man sie hat, oder ?

Herr Buschinger ... möchte keinen neuen Thread eröffnen .... habe wieder eine mir unbekannte Ameise an der Hauswand gefunden. Könnten Sie mir bitte sagen, um was für eine Art es sich dieses mal handelt ? Ich glaube das Ameisenfieber hat mich so richtig gepackt :) Wie immer vielen Dank !

Gruß Hansemann
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Buschinger
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Beitrag von Buschinger »

Hallo Hansemann,

Das ist ein Volltreffer (im positiven Sinn)!

Obwohl es sonst meist unmöglich ist, Ameisen nach Bildern zun bestimmen: Das ist eine junge Königin der relativ seltenen sozialparasitischen Ameise Strongylognathus testaceus. Die ausgeprägten Hinterhauptsecken und die andeutungsweise erkennbaren Säbelkiefer sind unverwechselbar.

Die Gattung Strongylognathus ist eine Gruppe von Sklavenhaltern. Unsere einheimische S. testaceus scheint die Sklavenhaltung "aufgegeben" zu haben: Die junge Königin assoziiert sich mit der Königin der Wirtsart Tetramorium caespitum (oder jedenfalls eine Art aus der T. caespitum-Gruppe). Im gemeinsamen Volk werden ziemlich wenige Arbeiterinnen des Parasiten, aber viele der Wirtsart aufgezogen, die für die gemeinsame Brut sorgen.

Es ist bekannt, dass S. testaceus außer in warmen Trockenrasengebieten auch in der Betonsteppe der Städte leben kann.

Ein sehr schöner Fund!

Schönen Sonntag noch,
Ihr A. Buschinger
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hansemann
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Beitrag von hansemann »

Hallo Herr Buschinger,

einen Volltreffer im positiven Sinn kann ich immer gut gebrauchen :)
Das ist eine junge Königin der relativ seltenen sozialparasitischen Ameise Strongylognathus testaceus. Die ausgeprägten Hinterhauptsecken und die andeutungsweise erkennbaren Säbelkiefer sind unverwechselbar.
...

wow :o :shock: .... "anscheinend" wohnen wir hier wirklich im "Ameisenparadies" .... ich habe allerdings noch keine Ahnung ob ich darüber glücklich oder traurig sein soll :lol: Auf jeden Fall vielen Dank für die Bestimmung und die interessanten Infos - was würde ich nur ohne Sie machen :wink:
Obwohl es sonst meist unmöglich ist, Ameisen nach Bildern zun bestimmen:
...

das kann ich mir vorstellen, bei so vielen Arten :roll: Habe wieder ein etwas größeres Tier im Flur gefunden (ca. 8 mm) - wäre hier eine "in etwa" Bestimmung möglich ? Leider ist die Bildqualität nicht so gut :(

Gruß Hansemann

EDIT: ich wage mal eine Vermutung ... eine Lasius niger Königin vielleicht :roll: :?:
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hansemann
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Beitrag von hansemann »

Hallo Herr Buschinger,
Betr. L. brunneus-Nest in Ihrem Keller: Leider stochert man ja mit Vermutungen ziemlich im Dunkeln herum. So kann die Wand, aus der die Ameisen kommen, aus Hohlblocksteinen aufgemauert sein, so dass die Tiere die ganze Wand durchqueren können bis zu einer Stelle, wo dann wirklich das Nest ist. Auf Verdacht aufschlagen würde ich die Wand auch nicht.

Ein Volk soll bis 100.000 Arbeiterinnen umfassen und eine, selten einige wenige Königinnen. Das Volk kann auf zahlreiche (10-20) Teilnester verteilt sein, wobei die Teilvölkchen bei Bedarf (zu warm, zu kalt, zu trocken, zu ?) sehr rasch in andere Bereiche umziehen und ihre Brut über mehrere Meter verlagern können. Seifert 2007 sagt, dass im Freiland (Laubwald) im Schnitt zwischen 3 und 23 Nestern / 100 qm zu finden seien (kommt mir zu hoch vor, aber ich habe keine Zählungen gemacht!). Er lässt sich nicht darüber aus, ob jedes Nest zu einem Volk (mit Königin) gehört, oder ob er Teilnester großer Völker als Einzelnester gewertet habe. - Ich glaube eher letzteres, weil es gar nicht so leicht ist, die einzelnen Völker abzugrenzen.
Eigentlich hatte ich die Suche schon aufgegeben, da kam zufällig Inspektor "Zufall" vorbei :) Ich hatte mich damals schon gewundert, warum der Schalter immer so komisch "bzzzzzz" gemacht hat und es danach immer etwas leicht verschmort gerochen hat :?

Warum aber ein Teilnest (ist es das ? ) gerade dort ? Stromkabel geben doch eigentlich keine Wärme ab und feucht ist / war es dort auch nicht ?!

Auf jeden Fall hatte ich seit dieser (letztes Jahr) Zeit keine Ameisen mehr generell dort gesichtet.

Gruß Hansemann
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Buschinger
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Beitrag von Buschinger »

Hallo Hansemann,

Merkwürdige Sache. Die Anlage sieht mir nicht so aus, als seien die Stromkabel in Röhren geführt (so hat man das oft noch in älteren Häusern), worin besonders gerne die Pharaoameisen herumspazieren.
Aber hier liegen die Kabel wohl im Putz/unter Putz, so dass die Ameisen allenfalls durch Hohlräume im Mauerwerk dorthin gelangen können, oder durch die Steckdosenöffnungen von außen. - Feuchtigkeit und/oder Wärme gibt es dort wohl nicht, da stimme ich Ihnen zu.

Man liest immer mal wieder Berichte, wonach Ameisen eine besondere "Affinität" zu elektrischen Anlagen haben sollen. Richtig nachgewiesen ist m.W. noch nichts dazu. Aber Feuerameisen in den USA legen manchmal Verkehrsampeln lahm, weil sie in die Steuerung einziehen (und massenhaft verschmoren - vielleicht angelockt durch das Alarmpheromon, das die Opfer vor dem Sterben noch abgeben?).
In Mexico sah ich Pharaoameisen aus einer Steckdose zu uns auf den Tisch kommen. Ein Volk von Lasius fuliginosus in Deutschland wohnte in einem am Waldrand halbschattig frei stehenden Schaltkasten der Telefongesellschaft und hat darin sein Kartonnest gebaut, was auch zu Fehlverbindungen geführt hatte. Da war es aber noch einleuchtend, dass sie den warmen, geschützten Kasten vielleicht benutzt hatten, weil kein passender Baumstumpf in der Nähe war.

Ja, viele Worte und keine Erklärung! Das ist leider oft so, wenn man es mit Tieren zu tun hat. :(

Gibt's denn noch andere Steckdosen in dem Raum, oder in Nachbarräumen,wo man nachsehen könnte?

Viele Grüße,
Ihr A. Buschinger
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hansemann
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Beitrag von hansemann »

Hallo Herr Buschinger,
Aber hier liegen die Kabel wohl im Putz/unter Putz, so dass die Ameisen allenfalls durch Hohlräume im Mauerwerk dorthin gelangen können, oder durch die Steckdosenöffnungen von außen.
...

stimmt, genau so sind die Leitungen hier verlegt.
Gibt's denn noch andere Steckdosen in dem Raum, oder in Nachbarräumen,wo man nachsehen könnte?
...

ja die gibt es und diese habe ich ebenfalls alle schon überprüft - NICHTS :roll:
Ja, viele Worte und keine Erklärung! Das ist leider oft so, wenn man es mit Tieren zu tun hat.
...

ja leider :( vielleicht kommen wir ja doch noch eines Tages dahinter :wink: Auf jeden Fall danke für die ganzen zusätzlichen Infos !

Gruß Hansemann
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