Durch was wird die Schlupfhilfe ausgelöst?

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Moderatoren: Gerhard Heller, Buschinger

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shar
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Registriert: 20. Mai. 2008, 22:49
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Durch was wird die Schlupfhilfe ausgelöst?

Beitrag von shar »

Hallo zusammen!

Ich durfte bereits zweimal bei meiner Lasius cf. niger-Kolonie einer "Geburt" beiwohnen.
Meine Beobachtung diesbezüglich war, daß der Kokon von der Gyne gepackt und aufgeschnitten wurde, worauf die noch regungslose weißliche zusammen gefaltete Arbeiterin heraus gezogen wurde und anschließen mehr oder minder grob "auseinander" geklappt und Beine, Fühler etc. solange bearbeitet, dran gezogen etc. wurden, bis sie praktisch selber stehen konnte und die ersten Bewegungen von ihr kamen.
Sofern ich bis dahin etwas übersehen oder falsch interpretiert habe, bitte korrigiert mich.

Nun, davon ausgehen, daß die junge Ameise sich erstmal nicht selber bewegen kann bzw. steif??? ist und damit auch selber keinen Schlupfversuch unternehmen kann, stellt sich mir nun die Frage, durch was wird das Verhalten der Schlupfhilfe ausgelöst?
Ist es ein Pheromon der Jungarbeiterin?
Ist es doch eine Bewegung im Kokon?
Oder ist es gar ein gewisses "Zeitgefühl" was ihnen nun sagt, es ist soweit? (wenn ich drüber Nachdenke, dann dürfte des eh nicht in Frage kommen, da die Entwicklung ja auch von den Umweltbedingungen abhängt?!?!)

Darüber hinaus würde es mich noch interessieren, ob ich mit folgender Annahme richtig liege?
Ich denke, daß alle Gattungen/Arten deren Larven sich verpuppen Schlupfhilfe anbieten, da ich denke, daß die Jungarbeiterin noch nicht in der Lage ist, von der Bewegung her aber auch vom nicht ausgehärteten Panzer und der damit verbundenen noch weichen Mandibeln, sich selbst zu befreien.

Danke im voraus.


Grüßle ~Shar~
Buschinger
Beiträge: 1487
Registriert: 26. Apr. 2004, 12:34
Wohnort: Reinheim

Schlüpfhilfe

Beitrag von Buschinger »

Hallo Shar,

Leider gibt es (meines Wissens) keine Untersuchung dazu, was die Schlüpfhilfe auslöst. Am wahrscheinlichsten ist, dass die junge Ameise ein Pheromon abgibt, das ihre Schlüpfbereitschaft signalisiert.

„Darüber hinaus würde es mich noch interessieren, ob ich mit folgender Annahme richtig liege?
Ich denke, daß alle Gattungen/Arten deren Larven sich verpuppen Schlupfhilfe anbieten…“


Bei allen Ameisenarten verpuppen sich die Larven, aber bei Formicinae, Ponerinae usw. spinnen sich die Larven zuvor einen Kokon, innerhalb dessen die eigentliche Verpuppung stattfindet. Das ist die Häutung vom letzten Larvenstadium zum Puppenstadium.
Auch die Puppenhaut muss abgestreift werden, wenn die Häutung zum Adulttier erfolgt.
Bei Formicinae wird also nicht nur der Kokon geöffnet und die Puppe herausgezogen. Es folgt meist auch eine Hilfe beim Abstreifen der Puppenhaut.

Bei Myrmicinae (und anderen Gruppen mit Nacktpuppen) wird die Puppenhaut meist ebenfalls von helfenden Arbeiterinnen abgeknabbert.
Vielfach (artspezifisch verschieden?) gelingt es jungen Ameisen aber auch, sich selbst aus der Puppenhaut zu befreien und, bei Arten mit Puppenkokon, anschließend auch den Kokon selbständig zu verlassen.

– Manchmal hatte ich schon den Eindruck, dass Schwierigkeiten beim Schlüpfen vor allem bei zu niedriger Temperatur auftreten. Die Schlupfhilfe wird dann vielleicht erst notwendig (und evtl. per Pheromon „angefordert“?), wenn es der jungen Ameise nicht rechtzeitig gelingt, sich selbständig zu befreien.

Viele Grüße,
A. Buschinger
!!! EINHEIMISCHE HAUSAMEISEN SIND KEINE SCHÄDLINGE per se !!! - Sie nutzen nur Baufehler bzw. Bauschäden zur Anlage ihrer Nester. Dies ist anders bei Exoten wie Pharaoameise, Pheidole spp. usw..
shar
Beiträge: 15
Registriert: 20. Mai. 2008, 22:49
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Beitrag von shar »

Hallo Hr. Buschinger!

Vielen Dank für die informative und aufklärende Antwort!



Viele Grüße ~Shar~
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