Lasius brunneus, die X.te, heftiger Befall

Beratung bei Problemen mit Ameisen gibt es in diesem Forum.

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oldant
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Lasius brunneus, die X.te, heftiger Befall

Beitrag von oldant »

Seit 14 Tagen führe ich eine morgentliche Befalls-schau und Statistik, nachdem 100erte geflügelter Ameisen Küche und Eßraum erobern.
Kleinere Arbeiterinnen waren schon regelmößig im Frühling zu Gast, aber das ist eine neue Dimension.
Nach Internetrecherche bin ich auf diese informative Seite gestoßen, habe an Prof. Buschinger einen Brief samt Probe geschickt und mit weiter mit Ihm per Mail korrespondiert.
Ich stelle die Korrespondenz hier ein:
Brief vom 06.06.08 Ameisenbefall, Bitte um Hilfe

Sehr geehrter Herr Prof. Buschinger,

ich hab mich sehr gefreut, bei der Internetsuche zum Thema Ameisenbefall im Haus nach den diversen Insektenvernichterseiten in „Ameisenschutzwarte“ eine kompetente Adresse gefunden zu haben.
Ich hoffe sehr auf Ihren Rat; der starke Ameisenbefall macht mir langsam erhebliche Sorgen.
Ein paar „Muster“ auf Tesa sind beigefügt.
Hier ein kurzer Überblick :.

1996 habe wir ein 100 Jahre altes Haus erworben. Seit ca. 6 Jahren tauchen immer häufiger Ameisen im Wohnbereich auf. Befallen ist der Bereich in einem Anbau, der als einziges nicht unterkellert ist.
Hier befindet sich ein Bad und eine Speisekammer. Vor 10 Jahren habe ich wegen der schlechten Isolierung eine 10 cm Korkisolierung an der Wandinnenseite angebracht ( ca. 20 qm), darauf wurde gefliest.( Wand und Boden )
Seit ca. 3 Jahren tauchen im Mai/ Juni invasionsartig Ameisen in der angrenzenden Küche auf.und befallen Abfalleimer oder Spülmaschine. Wir haben dann das Angebot weggeräumt und Detia-Freßlack in flachen Schälchen ausgelegt. Die Ameisen haben den Stoff gern aufgenommen. Sind aber nach spätestens 24 Std. nicht mehr an diese Stelle gegangen. Statt dessen tauchten sie dann an einer anderen Stelle auf.
2005 habe ich die gesamte Westfassade einschließlich des genannten Gebäudeteils mit Styrodur außenisoliert ( so schnell rückt man von ökologischen Baumaterialien ab ) und im Bereich des Bades einen Durchbruch für Abluft geöffnet. Bei dieser Gelegenheit stieß ich in ca. 2,20 mtr Höhe über dem Boden rein Zufällig auf eine papierdünn zerfressene Korkisolierung voller Ameisen.Leider war ich nicht schnell genug, die befallene Stelle sofort rauszunehmen.
Nach wenigen Stunden waren die Bewohner schon umgezogen.
Nach Internetrecherche und Befragung des Dorfapothekers habe ich Bayer Blattanex gekauft und an der Stelle in die Isolierung gegossen.
Später habe ich im Internet gefunden, dass der Stoff als nervenschädigend und für Menschen schädlich in Amerika verboten wurde. Blattanex habe ich nicht mehr verwendet.
Am regelmäßigen Frühlingsbefall hat sich nichts verändert.
Jetzt hat das Problem eine neue Dimension erreicht. Zu hunderten quellen geflügelte Ameisen aus den Sockelfliesen der Küche und den Anschlagschlitzen der Türstöcke.

Ich befürchte Schlimmes, da sie sich offensichtlich deutlich ausbreiten und vermehren. Die Decken sind Balkendecken mit Fehlböden und da die Tiere Holz vertilgen kann es zu großen Bauschäden kommen.
Ich vermute die Tiere nach wie vor in den 20 qm Korkisolierung. Es wäre aber eine Wahnsinnsaktion, alle Wandverkleidung in den noch recht neu sanierten Räumen abzuschlagen. Kann man die Nester mit irgendwelchen Methoden ( z. B. mit Thermografie ( Wärmefotos ) lokalisieren oder Exemplare ( wie bei medizinischen Untersuchungsmethoden .. bitte nicht lachen) markieren und so das Nest/ die Nester messen / orten? . Dann müsste ich die Verkleidung nur partiell entfernen.
Zu der häufiger vorgeschlagenen Kammerjägerlösung habe ich kein Vertrauen, weil die chemische Industrie offensichtlich viele Stoffe als unproblematisch propagiert, die dann dauerhaft den eigenen Lebensraum vergiften.
Ich hoffe auf Ihre Unterstützung.
Vielen Dank im Voraus

Antwort von Prof Buschinger:

Es handelt sich um die “Braune Wegameise” (Lasius brunneus), eine bei uns in Wäldern, Parks und Gärten häufige Art. Sie nistet allerdings auch gerne in Gebäuden, wobei die Arbeiterinnen zur Futtersuche nur selten ins Haus kommen, sondern Wege nach draußen zu Bäumen mit Blattläusen und Beuteinsekten belaufen. Die geflügelten jungen Königinnen und Männchen tauchen häufig im Frühsommer innerhalb des Hauses auf, eine Besonderheit gerade dieser Ameisenart! Zur momentanen Abhilfe ist ein Staubsauger am besten geeignet.
Die Bekämpfung gerade dieser Art ist schwierig: An die meisten handelsüblichen Fraßgifte geht sie nicht. Außerdem würde, selbst bei erfolgreicher Vernichtung des Volkes, die nach wie vor bestehende Nistgelegenheit sehr bald von einem neuen Volk entdeckt und besiedelt. Ursache für ihre Ansiedlung sind von außen zugängliche, geeignete Materialien (Isolierungen, auch z.B. Styropor, Kokosfaser, Kork, Spanplatten, morsches Holz) in Verbindung mit etwas Feuchtigkeit. Gibt es Undichtigkeiten im Dach? Feuchte Stellen an der Wand? Falls möglich trockenlegen und evtl. von außen die Zugangswege für die Ameisen z.B. durch Silikon-Dichtmasse versperren. Leider vergreift sich L. brunneus auch, von “weicherem” Isoliermaterial ausgehend, an tragenden Holzteilen, die so zerlöchert werden können, dass Bruchgefahr besteht.
Betr. Bekämpfungsmitteln werden im Forum der DASW neuerdings Köder mit den Wirkstoffen Fipronil oder Spinosad empfohlen.
http://www.ameisenschutzwarte.de/forum/ ... 659d5732a7
Herr Heller gibt dazu gute Hinweise. Aber wie oben gesagt: Eine reine Bekämpfung verschiebt das Problem nur, Sie müssen möglichst die Nistgelegenheit beseitigen (lassen).
Bei Mietwohnungen ist übrigens der Vermieter für die Beseitigung von Ungeziefer zuständig. Sie selbst trifft mit Sicherheit keinerlei Verschulden!

In Ihrem Fall, einem für diese Ameisenart recht typischen Verlauf, wäre eine dauerhafte Lösung m.E. nur durch Wegnehmen beider Isolierungen möglich, s. oben, Wiederbesiedlung! Styrodur (Styropor) hat sich ja inzwischen geradezu als „Nistkasten“ für diese Ameisenart erwiesen, obwohl es nicht „ökologisch“ ist. Vielleicht könnte als Ersatz Basaltwolle oder Glaswolle dienen (bin leider kein Baufachmann).

Ja, ich wäre dankbar für eine Eintragung Ihres Berichts im Forum. Aus jedem der Fälle können auch andere Betroffene lernen. Sie können sich gerne mit einem Tarnnamen anmelden; das machen die meisten im Forum so.

Viele Grüße Prof. Buschinger
Zu Ihrer vorhergehenden mail:

Ich kann natürlich nur das sagen, was den Tatsachen entspricht. So mancher ist betroffen, wenn ich Details über die Nistgewohnheiten dieser Ameisen mitteile, und auf die Gefahr der Wiederbesiedelung hinweise. Aber mit Schönreden ist Ihnen auch nicht geholfen.
Abwärme gibt es bei Ameisen nicht; anders als etwa Honigbienen produzieren sie keinerlei Wärme, sie sind wechselwarm und haben die Temperatur der Umgebung.
Ob man akustisch etwas messen könnte, weiß ich nicht. Das hat bei diesen Ameisen wohl noch nie jemand versucht. Rossameisen „klopfen“ bei Erregung sogar hörbar, ein Verhalten, das es bei L. brunneus aber nicht gibt.

In den 70er Jahren habe ich mal ein Nest in einem Institutsgebäude radioaktiv markiert. Dabei konnte ich tatsächlich auf einer Fläche von 12 qm (Nest unter dem Estrich in einer Kokosfaser-Isolierung) mehrere „Nestzentren“ lokalisieren. Die Methode wäre heute nicht mehr genehmigungsfähig und war auch nur unter den lokalen, sehr einfachen Bedingungen möglich (Bodenfläche, keinerlei Installationen etc. vorhanden, Isolierung war unter der Außenwand durchgeführt und deshalb von außen zugänglich). Immerhin weiß ich daher, dass diese Ameisen mehrere Nestzentren bewohnen. Das bestätigt sich jetzt immer wieder in Beiträgen zum Forum, wo Betroffene tatsächlich ihr Parkett oder Wandfliesen abnehmen.
Sie dürfen mir glauben, dass ich viel lieber günstigere Informationen liefern würde!

Viele Grüße,
Ihr A. Buschinger

Anmerkung: Eine wirkliche Lösung muss noch arbeiten. Vermutlich muss ich zumindest den gesamten Boden entfernen, um die Zugangswege zu blocken. Die Arbeit ist ernorm und mir graut, aber als Eigentümer kann ich leider niemanden sonst zur Abhilfe verdonnern.
Ansonsten phantasiere ich weiter an anderen Lösungen...ohne echt eine Ahnung zu haben:
Ich hätte die Idee mit dem Großen Lauschangriff, also die Nester mit feinem Meßgerät zu orten und dann partiell die Wand aufzubrechen.
Irgendwo habe ich auch gelesen, dass Kieselsäure, oder fossiles Plankton, was für Menschen ungefährlich sein soll, den Chitinpanzer der Insekten auflöst..( huch , hört sich grausam an ) Sicher sind die vielen Gänge und Nester kompliziert belüftet. Vielleicht könnte man mit einer Art Inhalator Kieselsäure verdampfen und in die Gänge blasen.... Na ja, hier spricht der Laie.
Wer Ideen hat, mitreden.
Ich wünsche mir und allen " Besuchten" nicht zu vergessen, Ameisen sind nicht die Vorboten zu Krieg der Welten. 80% der Erdbewohner leben Rücken an Rücken mit ganz anderem Getier und findens selbstverständlich. Oldant
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