Die “Wipfelkrankheit” bei Formica rufa

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Buschinger
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Die “Wipfelkrankheit” bei Formica rufa

Beitrag von Buschinger »

Boer, P. (2008): Observations of summit disease in Formica rufa Linnaeus, 1761 (Hymenoptera: Formicidae). Myrmecol. News 11: 63-66 Online Earlier
(Beobachtungen zur “Wipfelkrankheit” bei Formica rufa)

Der Pilz Pandora myrmecophaga (vgl. Büchse der Pandora, aus der alles Schlechte quillt; myrmecophaga: der Ameisen fressende) verursacht bei Ameisen der Gattung Formica (Untergattungen Formica und Serviformica) eine Verhaltensänderung ähnlich wie die Entwicklungsstadien des Kleinen Leberegels: Die Ameisen erklettern Grashalme und verbeißen sich kurz unter deren Spitze, wo sie sterben. Der Pilz treibt sog. Rhizoide (wurzelähnliche Gebilde) aus, womit die Ameise mit dem Grashalm fest verbunden wird. Anschließend wachsen pelzartige Gebilde aus. Die erhöhte Position der Ameisen sichert eine bessere Ausbreitung der Pilzsporen durch Wind.

Befallene Ameisen werden etwa einen Tag vor dem Tode träge und bewegen sich unkoordiniert. Dann klettern sie auf den Grashalm, wobei sie sich ähnlich wie ein betrunkener Mensch verhalten sollen. Ist eine Ameise festgebissen, stirbt sie innerhalb einiger Stunden, und wenige Stunden später ist sie durch die Rhizoide fest mit dem Grashalm verbunden.

Beobachtet wurde die Infektion nun in den Niederlanden, an Formica rufa. An 16 von 74 untersuchten Nestern (22 %) wurden infizierte Ameisen gefunden, im Oktober 2007.

Obwohl der Pilz und seine Wirkung auf die Ameisen bereits seit den 60er und 70er Jahren bekannt waren, ist sehr wenig darüber berichtet worden. Es wäre wünschenswert, wenn Ameisenfreunde die Augen offen hielten und solche Beobachtungen z.B. der Deutschen Ameisenschutzwarte melden würden.

Für Ameisenhalter und die Importeure ausländischer Ameisen ist dies eine weitere Warnung: Man kann mit den Ameisen auch solche Parasiten einschleppen, und wie weit sie auf einheimische Ameisen übertragbar sind, kann niemand sagen!

(A. Buschinger)
Dateianhänge
Bild 2: Am Grashalm festgebissene, tote  Arbeiterin von Formica rufa. Die Pfeilspitze weist auf die Stelle, wo helle, fädige Rhizoide aus dem Hals der Ameise sprießen und sie am Grashalm befestigen. Mit Genehmigung des Bildautors C. van Achterberg.
Bild 2: Am Grashalm festgebissene, tote Arbeiterin von Formica rufa. Die Pfeilspitze weist auf die Stelle, wo helle, fädige Rhizoide aus dem Hals der Ameise sprießen und sie am Grashalm befestigen. Mit Genehmigung des Bildautors C. van Achterberg.
Bild 1: Eine am Grashalm festgebissene, von dem Pilz Pandora myrmecophaga befallene Ameise. Mit Genehmigung des Bildautors H. Nielsen.
Bild 1: Eine am Grashalm festgebissene, von dem Pilz Pandora myrmecophaga befallene Ameise. Mit Genehmigung des Bildautors H. Nielsen.
Zuletzt geändert von Buschinger am 08. Jul. 2008, 16:48, insgesamt 1-mal geändert.
!!! EINHEIMISCHE HAUSAMEISEN SIND KEINE SCHÄDLINGE per se !!! - Sie nutzen nur Baufehler bzw. Bauschäden zur Anlage ihrer Nester. Dies ist anders bei Exoten wie Pharaoameise, Pheidole spp. usw..
Buschinger
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Beitrag von Buschinger »

Nach Genehmigung durch den Autor konnte ich noch ein weiteres Bild hinzufügen.

Auch möchte ich nochmals darum bitten, auf derartige, in Nestnähe an Grashalmen festgeheftete Waldameisen zu achten. Es wäre sehr interessant zun erfahren, ob der parasitische Pilz auch in Deutschland vorkommt!

Viele Grüße,
A. Buschinger
!!! EINHEIMISCHE HAUSAMEISEN SIND KEINE SCHÄDLINGE per se !!! - Sie nutzen nur Baufehler bzw. Bauschäden zur Anlage ihrer Nester. Dies ist anders bei Exoten wie Pharaoameise, Pheidole spp. usw..
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