Holzzerstörende Ameisen (Chthonolasius sp. -A.B.)

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Moderatoren: Gerhard Heller, Buschinger

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Fischoer
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Registriert: 23. Jul. 2007, 20:40

Holzzerstörende Ameisen (Chthonolasius sp. -A.B.)

Beitrag von Fischoer »

Sehr geehrter Prof. Buschinger,

nun hat es auch uns erwischt. In Kürze:

In unserem denkmalgeschützten Lehm-Fachwerkhauses hat sich eine einfarbig hellbraune Ameisenart eingenistet. Im letzten Jahr nur durch vereinzelte Arbeiterinnen aufallend, haben sich die Tiere dieses Jahr offenbar stark vermehrt. Seit zwei Wochen treten auch täglich zahlreiche geflügelte, schwarze Geschlechtstiere auf.

An einem Balken mit besonders vielen Ameisen bin ich der Sache etwas weiter auf die Spur gegangen. Das Ergebnis: Der Balken sah zwar von außen noch intakt aus, bestand aber hinter einer Restwandstärke von ca. 1 cm innen nur noch aus einer feucht-torfigen Masse (mit Eiern / Puppen), die sich mit dem Staubsauger entfernen liess. Von diesem "Nest" aus gehen diverse Gänge in anliegende Balken, die ich ohne größere Zerstörungen nicht weiterverfolgen kann. Eine Verringerung der Zahl der schwärmenden Ameisen habe ich trotz dieser Aktion bisher nicht feststellen können. Da die Ameisen auch an mehrere Meter entfernten Stellen austreten, habe ich Sorge, bisher nur die Spitze des Eisbergs gefunden zu haben.

Auch Köder habe ich schon allerlei versucht: An Honig, Marmelade oder Leberwurst scheinen die Tiere nicht interessiert, an Celaflor in den verschiedenen Darreichungsformen erst recht nicht. Zu viele wirkungslose Giftattacken möchte ich in unserem Schlafzimmer nicht starten.

Haben Sie eine Idee, was ich noch probieren könnte? Kann ich Ihnen ein paar Tiere als Probe schicken, damit wir unsere Gegenmaßnahmen zielgerichteter durchführen können?

Mit herzlichem Dank und freundlichem Gruß,

Björn Lange
Buschinger
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Beitrag von Buschinger »

Hallo Fischoer,

Kurze Antwort: Ja, bitte schicken Sie mir ein paar der Tiere zu (die kleinen, braunen, Arbeiterinnen), mit klarem Tesafilm auf Papier geklebt geht es im normalen Brief.

Prof. Dr. A. Buschinger
Rossbergring 18
64354 Reinheim

Viele Grüße,
Ihr A. Buschinger
!!! EINHEIMISCHE HAUSAMEISEN SIND KEINE SCHÄDLINGE per se !!! - Sie nutzen nur Baufehler bzw. Bauschäden zur Anlage ihrer Nester. Dies ist anders bei Exoten wie Pharaoameise, Pheidole spp. usw..
Fischoer
Beiträge: 3
Registriert: 23. Jul. 2007, 20:40

Beitrag von Fischoer »

Vielen Dank für Ihre Bereitschaft. Die Tierchen gehen morgen zu Ihnen auf die Reise.

Gruß, Björn Lange
Buschinger
Beiträge: 1487
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Wohnort: Reinheim

Beitrag von Buschinger »

Hallo Fischoer,

Die Ameisen gehören zu einer Gruppe von gelb gefärbten Lasius-Arten, aus der Untergattung Chthonolasius. Sie sind äußerst schwer zu bestimmen, zumal es auch immer wieder Bastarde zwischen verschiedenen Arten gibt. Aber der genaue Artname spielt hier auch keine Rolle.

Keine dieser Ameisenarten zerstört gesundes Holz (anders als L. brunneus und L. emarginatus). Sie nisten in der freien Natur gerne in morschen Baumstümpfen oder liegenden, morschen Baumstämmen, Balken usw.. Ihre Nahrung beziehen sie in Form von Honigtau von Blattlausverwandten, die im Boden an Pflanzenwurzeln saugen („Wurzelläuse“).

Der Primärschaden, Verrotten des Holzes, ist durch Pilze verursacht, die im feuchten Inneren des Holzes besser gedeihen als an den immer wieder mal austrocknenden Außenwänden. Deshalb werden die Balken hohl. Die Ameisen nutzen erst später die entstehenden Hohlräume als Nistplatz.

Es bringt also gar nichts, wenn Sie die Ameisen vergiften: Hier muss ein Baufachmann herangezogen werden, der untersucht, welche der Balken so geschädigt sind, dass sie ausgetauscht werden müssen!
Heute wird Bauholz ja routinemäßig mit pilzhemmenden Mitteln imprägniert, so dass ein erneutes Verrotten unwahrscheinlich wird.

Hier kann man sehen, was Arten der Chthonolasius-Gruppe mit verrottetem Holz anstellen können: http://www.ameisenschutzwarte.de/forum/ ... .php?t=156

Viele Grüße,
A. Buschinger

Diese Bestimmung erfolgt gratis. Spenden (steuerlich absetzbar) zum Schutz der gefährdeten Waldameisen bitte an die Deutsche Ameisenschutzwarte e.V., Horst Fentzahn, Kreissparkasse Hannover (BLZ 250 502 99), Kto-Nr. 2 008 852 143
!!! EINHEIMISCHE HAUSAMEISEN SIND KEINE SCHÄDLINGE per se !!! - Sie nutzen nur Baufehler bzw. Bauschäden zur Anlage ihrer Nester. Dies ist anders bei Exoten wie Pharaoameise, Pheidole spp. usw..
Fischoer
Beiträge: 3
Registriert: 23. Jul. 2007, 20:40

Beitrag von Fischoer »

Hallo Herr Professor,

Herzlichen Dank für Ihre Bestimmung. Ihre Antwort beruhigt mich natürlich etwas.

Eine Vorschädigung einzelner Balken unseres Hauses durch Pilze in der Vergangenheit ist nicht unwahrscheinlich, da es vor seiner Renovierung in einem schlechten (feuchten) Zustand war. Durch die Renovierung ist es aber nun trocken, so dass die Pilze eigentlich inaktiv sein sollten. Solange die Stabilität von Holz durch Pilze nicht zu stark reduziert ist, reicht ja normalerweise ein Trockenlegen, um weitere Fäulnis zu verhindern.

Bei den Ameisen habe ich aber nun den Eindruck, dass sie die Zerstörung des vermutlich vorgeschädigten Holzes deutlich vorantreiben, indem sie neben dem Anlegen von Gängen in erheblichem Maße Feuchtigkeit in die Balken eintragen - die in Verbindung mit den sicher vorhandenen Pilzsporen zu neuer Fäulnis führt. Überhaupt bin ich auf die Ausdehnung unseres Ameisenbefalls nur aufmerksam geworden, weil der neben einem befallenen Balken befindliche Lehmputz in diesem Sommer plötzlich einen feuchten Fleck zeigte - und das an einer Innenwand in ca. 1m Höhe in einem ansonsten absolut trockenen Zimmer.

Was meinen Sie: Wird die Feuchtigkeit in den Balken von den Ameisen aktiv befördert - z.B. um in Zusammenarbeit mit Pilzen die Vergrößerung des Nestes zu ermöglichen? Oder auch nur passiv, durch Ausscheidungen (vielleicht schwitzen die Ameisen ja bei der harten Arbeit in unserem Balken ...)?

Und: Von welchen Pflanzen ernähren sich die Wurzelläuse? Vielleicht kann ich die Ameisen durch eine entsprechende Gestaltung des Gartens um unser Haus (derzeit eher eine sicher sehr ameisenfreundliche Wildnis) zum freiwilligen Umzug bewegen?

Beste Grüße,

Björn Lange
Gesperrt