Sind Schredderspäne geeignetes Nestbaumaterial?
Verfasst: 07. Jan. 2007, 12:07
In den letzten Jahren konnte der Verfasser verschiedentlich eine besondere Variante des vegetabilen Nestbaumaterials beobachten: In diesen Fällen zogen komplette Ameisenvölker (F. polyctena) aus ihren seit vielen Jahren bewohnten Bauten in zufällig in der Umgebung frisch abgelagerte Haufen von Schreddermaterial um. Die Umzüge fanden in nahezu allen Fällen während der Sonnungsphase statt. Die Phase begann weniger auf dem alten Nest als in der Nähe auf vorjährigem Laub oder auch auf Efeublättern und setzte sich dann in der zweiten Phase auf dem beschriebenen Material fort.
Meine Skepsis diesem Substrat gegenüber hat sich tatsächlich als gerechtfertigt erwiesen: Oft waren diese (neuen) Nester im Spätsommer wieder verlassen, und das sehr spät in der Jahreszeit, nämlich in einer Zeit, in der "normale" Völker bereits in der Tiefe des Waldbodens die Winterquartiere herzurichten pflegen, also im August / September! In einem konkreten Falle war ein Volk im März in einen ca. 45 m enternten Haufen Schreddermaterials umgezogen. Im Laufe des folgenden Sommers waren keinerlei Besonderheiten zu beobachten, bis dann im Oktober des gleichen Jahres keine Aktivitäten mehr zu beobachten waren, obschon Nachbarvölker das noch andauernde warme Wetter nutzten für Nestbau und Nahrungssuche. Im folgenden Frühjahr stellte sich bald heraus, dass das Volk in das einstige Nest zurückgezogen war.
In anderen Fällen splitterten sich "Rückwanderer" auf, sodass mehrere kleine Nester an anderen Stellen entstanden, die sich erst im folgenden Frühjahr wieder "unter Verlusten" im einstigen Nest (wieder-) vereinigten.
Nach einer Überprüfung dieser verlassenen Nesthügel zeigte sich dann folgendes: Eine käseglockenförmige, etwa fünf Zentimeter starke, graue, nahezu steinharte Verkrustung, die die gesamte Nestkuppel überspannte, kam zum Vorschein. Die Nestkuppen waren völlig verpilzt, anschließend getrocknet und verhärtet. Diese "betonartige" Verhärtung musste von mir mit Gewalt durchbrochen werden! Die Nester besaßen kein zusätzliches "Stützskelett" aus Zweigen oder überhaupt gröberem Material in ihrem Innern, wie wir das aus bekannten Gründen von "normalen" Nestern her kennen, die bekannten Eigenschaften der Nestkuppen waren also nicht gegeben! Auch waren sie nicht auf Stucken oder dergleichen gegründet: Das Gangsystem führte direkt in den Boden.
Inzwischen konnten mehr Erfahrungen mit diesem Nestbaumaterial gesammelt werden. Es besitzt, vermulich wegen seines intensiven Geruches, eine erstaunlich große Anziehungskraft auf F. polyctena (in einem Falle auch auf F. rufa), das wiederum hat Vor- und Nachteile. Da solche Späne nicht gezielt hergestellt werden, sondern reine Abfallprodukte sind, ist der Zustand entsprechend unterschiedlich zu bewerten. Grobe, noch feuchte Späne führen zur Verpilzung des Nesthügels und zwingen die Bewohner zum Fortzug, trockene Späne dagegen sind gut geeignet für einen raschen Neubau!
Für die Praxis sehe ich daher in den trockenen Spänen eine interessante Möglichkeit: Es scheint mit diesen aufgrund ihrer großen Anziehungskraft auf Waldameisen die Möglichkeit zu bestehen, Völker von Wegen und Grundstücksgrenzen wieder in den Bestandesrand hinein zu locken, wenn es um die Umgehung gelegentlich erforderlich werdender Not- oder Rettungsumsiedlungen von Waldameisen geht. Dazu müssten dann aber die umzuleitenden Nester noch zusätzlich beschattet werden - das ist immerhin besser als ausgraben!
Auf jeden Fall ergeht eine Bitte an alle, die sich in der Natur, oder in deren Randbereichen mit Schreddern befassen, dies Abfälle ordnungsgemäß zu entsorgen, oder aber zumindest breitwürfig zu verteilen. Auf diese Weise wird 1. das Material rascher trocknen, und 2. wird dann die natürliche Neststruktur gezielt erstellt werden können, also mit einem groben Unterbau über geeigneter Unterlage!
Heute, im Nachhinein, stellt sich die Frage, wie es die Waldameisen mit der Verbringung der Brut gehalten haben: Wo fanden die Ammen die jeweils dem Entwicklungsstand angepassten Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnisse? Oder vermehrten sich diese Völker nicht? Zumindest konnte ich in dem Jahr keinen Schwärmbetrieb beobachten!
Mit freundlichen Grüßen!
gez. Jürgen Dittmer
Meine Skepsis diesem Substrat gegenüber hat sich tatsächlich als gerechtfertigt erwiesen: Oft waren diese (neuen) Nester im Spätsommer wieder verlassen, und das sehr spät in der Jahreszeit, nämlich in einer Zeit, in der "normale" Völker bereits in der Tiefe des Waldbodens die Winterquartiere herzurichten pflegen, also im August / September! In einem konkreten Falle war ein Volk im März in einen ca. 45 m enternten Haufen Schreddermaterials umgezogen. Im Laufe des folgenden Sommers waren keinerlei Besonderheiten zu beobachten, bis dann im Oktober des gleichen Jahres keine Aktivitäten mehr zu beobachten waren, obschon Nachbarvölker das noch andauernde warme Wetter nutzten für Nestbau und Nahrungssuche. Im folgenden Frühjahr stellte sich bald heraus, dass das Volk in das einstige Nest zurückgezogen war.
In anderen Fällen splitterten sich "Rückwanderer" auf, sodass mehrere kleine Nester an anderen Stellen entstanden, die sich erst im folgenden Frühjahr wieder "unter Verlusten" im einstigen Nest (wieder-) vereinigten.
Nach einer Überprüfung dieser verlassenen Nesthügel zeigte sich dann folgendes: Eine käseglockenförmige, etwa fünf Zentimeter starke, graue, nahezu steinharte Verkrustung, die die gesamte Nestkuppel überspannte, kam zum Vorschein. Die Nestkuppen waren völlig verpilzt, anschließend getrocknet und verhärtet. Diese "betonartige" Verhärtung musste von mir mit Gewalt durchbrochen werden! Die Nester besaßen kein zusätzliches "Stützskelett" aus Zweigen oder überhaupt gröberem Material in ihrem Innern, wie wir das aus bekannten Gründen von "normalen" Nestern her kennen, die bekannten Eigenschaften der Nestkuppen waren also nicht gegeben! Auch waren sie nicht auf Stucken oder dergleichen gegründet: Das Gangsystem führte direkt in den Boden.
Inzwischen konnten mehr Erfahrungen mit diesem Nestbaumaterial gesammelt werden. Es besitzt, vermulich wegen seines intensiven Geruches, eine erstaunlich große Anziehungskraft auf F. polyctena (in einem Falle auch auf F. rufa), das wiederum hat Vor- und Nachteile. Da solche Späne nicht gezielt hergestellt werden, sondern reine Abfallprodukte sind, ist der Zustand entsprechend unterschiedlich zu bewerten. Grobe, noch feuchte Späne führen zur Verpilzung des Nesthügels und zwingen die Bewohner zum Fortzug, trockene Späne dagegen sind gut geeignet für einen raschen Neubau!
Für die Praxis sehe ich daher in den trockenen Spänen eine interessante Möglichkeit: Es scheint mit diesen aufgrund ihrer großen Anziehungskraft auf Waldameisen die Möglichkeit zu bestehen, Völker von Wegen und Grundstücksgrenzen wieder in den Bestandesrand hinein zu locken, wenn es um die Umgehung gelegentlich erforderlich werdender Not- oder Rettungsumsiedlungen von Waldameisen geht. Dazu müssten dann aber die umzuleitenden Nester noch zusätzlich beschattet werden - das ist immerhin besser als ausgraben!
Auf jeden Fall ergeht eine Bitte an alle, die sich in der Natur, oder in deren Randbereichen mit Schreddern befassen, dies Abfälle ordnungsgemäß zu entsorgen, oder aber zumindest breitwürfig zu verteilen. Auf diese Weise wird 1. das Material rascher trocknen, und 2. wird dann die natürliche Neststruktur gezielt erstellt werden können, also mit einem groben Unterbau über geeigneter Unterlage!
Heute, im Nachhinein, stellt sich die Frage, wie es die Waldameisen mit der Verbringung der Brut gehalten haben: Wo fanden die Ammen die jeweils dem Entwicklungsstand angepassten Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnisse? Oder vermehrten sich diese Völker nicht? Zumindest konnte ich in dem Jahr keinen Schwärmbetrieb beobachten!
Mit freundlichen Grüßen!
gez. Jürgen Dittmer