Frühjahr! Sonne! Sonnung!

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Buschinger
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Frühjahr! Sonne! Sonnung!

Beitrag von Buschinger »

Endlich Sonne, endlich warm (9 C, in der Sonne 14-15 C)! An der Bergstraße in Südhessen, sonst schon Mitte Februar Ziel von Bustouren zur Mandelblüte, ist es der erste wärmere Tag dieses Jahres.

Im NSG Pfungstädter Moor, im bewaldeten Randgebiet, gab es bis in die 1980er Jahre einen recht guten Kolonieverband von Formica polyctena. Vielleicht ist hüfthohes Brombeergestrüpp die Ursache, dass man kaum noch Waldameisen findet. Ein Nest (Bild 1) im Halbschatten, vom Specht böse zugerichtet, zeigte zwar noch keine Sonnung, aber der Wiederaufbau war bereits im Gange (Bild 2).

Bei Frankenhausen im Odenwald, recht hoch und an einer ziemlich windigen, dank Schutzhütte stark von Wanderern frequentierten Waldecke, liegt ein weiterer Kolonieverband, den ich seit gut 30 Jahren kenne.
Es muss sehr widerstandsfähige Sippe von F. polyctena sein. Unmittelbar in der Straßenböschung liegen ein paar Nester am südwestlichen Waldrand, entlang einer gut befahrenen Straße, sowie direkt an der Schutzhütte. Andere Nester, darunter sehr große, finden sich entlang eines Feldweges am südöstlichen Waldrand. Dort haben wir mal eine 173 Meter lange Ameisenstraße ausgemessen. Leider in der waldseitigen Fahrspur des Feldwegs, so dass jeder Traktor eine Spur des Grauens hinterlässt. Aber ein paar der größten Nester liegen auch gut geborgen im Waldinneren. Bis heute lebt die Kolonie, und trotz fühlbar kalten Windes: Man genießt die Sonne!

Wie Bild 3 zeigt, findet die Sonnung nicht mal nur auf dem Nest statt. Auch ein sonniges Plätzchen im Gras, ein paar Meter vom nächsten Nest, ist beliebt. Oder (Bild 4) man kuschelt sich in die windgeschützten Falten eines verwitterten Wurzelstocks, ehemals Kern eines stattlichen Nestes.

Es ist immer wieder schön und anrührend zu sehen, wie unsere Waldameisen den Winter überstanden haben, zumal nach dieser endlos langen Schnee- und Kälteperiode.

A. Buschinger
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Bild 4: Auch im Windschutz der "Falten" eines verwitterten Wurzelstocks ist ein Sonnenbad zu genießen.
Bild 4: Auch im Windschutz der "Falten" eines verwitterten Wurzelstocks ist ein Sonnenbad zu genießen.
Bild 3: Endlich Sonne! Selbst außerhalb des Nestes im Gras gruppiert man sich zum Wärmetanken. Bei Frankenhausen im Odenwald.
Bild 3: Endlich Sonne! Selbst außerhalb des Nestes im Gras gruppiert man sich zum Wärmetanken. Bei Frankenhausen im Odenwald.
Bild 2: Doch der Wiederaufbau wird unverdrossen in Angriff genommen!
Bild 2: Doch der Wiederaufbau wird unverdrossen in Angriff genommen!
Bild 1: Vom Specht stark beschädigtes F. polyctena-Nest im NSG Pfungstadter Moor.
Bild 1: Vom Specht stark beschädigtes F. polyctena-Nest im NSG Pfungstadter Moor.
Jürgen Dittmer
Beiträge: 122
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Sonnung außerhalb der Nestkuppe

Beitrag von Jürgen Dittmer »

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Buschinger,

die Sonnung von F. polyctena ist immer wieder eine spannende Angelegenheit - man möchte fast sagen, keine gleicht der anderen.
Unter anderem habe ich mir vor einigen Jahren einmal die Mühe gemacht, kurze Notizen zu sammeln, um vielleicht Schlüsse aus den unterschiedlichen Verhaltensweisen der Ameisen ziehen zu können. Einige dieser Notizen sollen hier einmal einem breiteren Publikum mitgeteilt werden:
1. Nest:
01.02.2002: Die Sonnung fand zunächst ausschließlich auf Efeublättern neben dem Nest statt und verlagerte sich erst im Fortgang auf die Nestkuppel! Nach sechswöchiger, oft witterungsbedingter Unterbrechung, zeigte das Nest noch am 17.03.2002 regelrechte Sonnungstrauben, teilweise wieder auf Efeublättern neben dem Nest.
Das Nest wurde im Laufe des Sommers verlassen und entstand einige Schritte daneben wieder neu.
2. Nest:
01.04.2002: Das Nestzentrum entsteht in diesem Jahr am südl. Rand des bisherigen Hügels, in dem Bereich, in dem sich die Sonnungstraube schließlich konzentriert hatte.
Es entsteht eine, in der Literatur auch als "Hünengrab" bezeichnete, Nestform.
3. Nest:
ca. 01.11.2001: Auf der Nestkuppel ist, infolge der noch andauernden warmen Witterung, ganzflächig Grassaat aufgelaufen, die Ameisen fouragieren kaum noch.
Am 01.02.2002 fand, im Gegensatz zu den meisten anderen Nestern der Kolonie, hier bisher keine Sonnung statt.
04.03.2002: Der verspätete Sonnungsbetrieb spielt sich im Wesentlichen neben dem stark begrünten Nest ab.
17.03.2002: Dicke Sonnungstrauben sind fast ausnahmslos neben dem Nest auf vorjährigem Laub zu finden.
04.04.2002: Die Sonnungstrauben verlagern sich in den Bereich einiger Mauerspalten einer nahen Brückenbrüstung. Vermutlich beginnt eine Abwanderung des Volkes nach dort. Die Entfernung beträgt etw 2 Meter.
09.04.2002: Das Nest ist nur noch schwach belebt (weniger als handgroße Sonnungstraube)
17.04.2002: Die Nestkuppel belebt sich wieder, das Mauerwerk beherbergt aber noch das Gros der Ameisen.
10.05.2002: Nicht nur die starke Verkrautung, sondern auch ein Holunderstrauch beginnt, das Nest am bisherigen Standort zu überschatten. Ca. 2/3 des Volkes sonnt auf der Brückenbrüstung und versucht, die Mauerspalten zu besiedeln. Die Ameisen versuchen, die Spalten mit Nestbaumaterialien zu schließen. In der Folge entsteht am Fuße der etwa 75 cm hohen Mauerbrüstung ein neues Nest, das alte wird verlassen.
In den Folgejahren, bis heute, findet zunächst die Sonnung im Bereich des heute stark überschatteten alten Nestes statt, also auf vorjährigem Laub. Anschließend zieht das Volk, auf dem Mauerwerk weiter sonnend, schließlich ins "neue" Nest! Vermutlich sind hier ein Sommer- und ein Winternest, auch bei F. polyctena, entstanden.
4. Nest:
15.02.2001: Einige Tage nach der ersten Sonnungsphase wanderte das ganze Volk ab, um dort die zweite Sonnungsphase zu vollziehen, wo später das Nest Nr. 39 entstand.
Dieses - einstige - Nest befand sich auf einer Grabenböschung. Das Gewässer hatte gegen Ende des Winters Hochwasser!
So lassen sich viele Beispiel aufzählen, bei denen die Sonnung nicht "schulmäßig" auf dem Nesthügel stattfindet. Meistens erhaschen die Ameisen auf diese Weise nur eben mehr Wärme als auf der Kuppel selbst. Anschließend läuft alles normal weiter. - Andererseits kann sich auf diese Weise auch ein Umzug des Volke ankündigen, wenn ihm der Standort des Nestes nicht mehr "gut genug" ist. Gründe können sein: Zunehmende Überschattung oder auch Störungen durch Hochwasser etc.!
Diese und viele ähnliche Beobachtungen stammen ausschließlich aus Mischwäldern!

Mit freundlichen Grüßen!

Gez. J. Dittmer
Jürgen Dittmer
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Februar, Schnee, Sonne, Sonnung

Beitrag von Jürgen Dittmer »

Wenn die Sonne erst genügend Kraft hat, dann kann Schnee kaum noch ein Hinderungsgrund sein!

Mit freundl. Grüßen!

gez. Jürgen Dittmer
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Schneesonnung 2.doc
Diese Aufnahme entstand am 27. Februar 2001
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