Kein Sozialparasit, keine eigene Art: Myrmica microrubra.
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Kein Sozialparasit, keine eigene Art: Myrmica microrubra.
Seit der Benennung durch Seifert (1993) wurden die kleinen Geschlechtstiere (zuvor als Microgynen und Micraner bezeichnet) in Nestern von Myrmica rubra als eigenständige, sozialparasitische Art, Myrmica microrubra, betrachtet.
Nun ist es mit einem enormen Aufwand an Mitarbeitern (s.u. Autorenliste) und Techniken gelungen, zu zeigen, dass es sich doch nur um Angehörige der vermeintlichen Wirtsart Myrmica rubra handelt. Die Ursache für das Auftauchen solcher Zwerg-rubra ist damit noch immer nicht geklärt. Aber jedenfalls kann man sie nicht als Beweis für die Entstehung eines intraspezifischen Parasiten bzw. für sympatrische Speziation gebrauchen, wie das noch vor zwei Jahren versucht wurde: Savolainen, R. & Vepsäläinen, K. 2003: Sympatric speciation through intraspecific social parasitism. Proc. Natl. Acad. Sci. USA 100: 71697174.
Mir war das Verhalten der so genannten Parasitenart schon immer suspekt (Buschinger, A. 1997: Ist Myrmica microrubra eine sozialparasitische Ameise? in: Soziale Insekten, IUSSI-Tagung Graz 1997, p. 25, K. Crailsheim & A. Stabentheiner (Hrsg.)), aber das Gegenteil zu beweisen, war schon echt harte Forschungsarbeit, bei der Fachleute mit ganz unterschiedlichen Kenntnissen und methodischen Ausrüstungen kooperieren mussten.
Hier kann man die Kurzfassung online aufrufen (und sich auch sonst in der Zeitschrift Journal of Evolutionary Biology etwas umsehen):
http://www.blackwell-synergy.com/doi/ab ... 05.01053.x
Titel und Kurzfassung kopiere ich hier mal herein:
No sympatric speciation here: multiple data sources show that the ant Myrmica microrubra is not a separate species but an alternate reproductive morph of Myrmica rubra F. M. STEINER, B. C. SCHLICK-STEINER, H. KONRAD, K. MODER, E. CHRISTIAN, B. SEIFERT, R. H. CROZIER, C. STAUFFER & A. BUSCHINGER
Abstract
No aspect of speciation is as controversial as the view that new species can evolve sympatrically, among populations in close physical contact. Social parasitism has been suggested to yield necessary disruptive selection for sympatric speciation. Recently, mitochondrial DNA phylogeography has shown that the ant Myrmica microrubra is closely related to its host, Myrmica rubra, leading to the suggestion that sympatric speciation has occurred. We investigated the relationships between the two ant forms using mitochondrial and nuclear DNA sequences, microsatellite genotyping and morphometrics. Molecular phylogenetic and population structure analyses showed that M. microrubra does not evolve separately to its host but rather shares a gene pool with it. Probability analysis showed that mitochondrial DNA data previously adduced in favour of sympatric speciation do not in fact do so. Morphometrically, M. microrubra is most readily interpreted as a miniature queen form of M. rubra, not a separate species. Myrmica microrubra is not an example of speciation. The large (typical M. rubra) and small (M. microrubra) queen forms are alternative reproductive strategies of the same species. Myrmica microrubra Seifert 1993 is consequently synonymized here with M. rubra Linnaeus, 1758.
Anmerkung:
Ein in meinen Augen ziemlich bedenklicher Aspekt ist, dass die Herausgeber bzw. Gutachter der sehr renommierten Zeitschrift PNAS, in der die o.g. Arbeit von Savolainen & Vepsäläinen (2003) erschien, sich geweigert haben, unsere Arbeit zu veröffentlichen. Das zeigt, wie extrem vorsichtig man heute als Wissenschaftler sein muss, um nicht auf effektiv falsche Angaben (wie in der Arbeit S. & V. 2003) hereinzufallen: Eine Richtigstellung in der ursprünglichen Zeitschrift erfolgt nicht (will man sich nicht bloßstellen lassen?). Sie war nur in einer anderen (ebenfalls sehr renommierten) Zeitschrift möglich. Pech gehabt, wenn man auf die Arbeit in der PNAS aufbaut und die Richtigstellung im JEB übersieht: Da sind schnell viel Arbeitszeit und Forschungsmittel in den Sand gesetzt!
(Dies als kleinen Blick hinter die Kulissen des Wissenschaftsbetriebs).
A. Buschinger
Nun ist es mit einem enormen Aufwand an Mitarbeitern (s.u. Autorenliste) und Techniken gelungen, zu zeigen, dass es sich doch nur um Angehörige der vermeintlichen Wirtsart Myrmica rubra handelt. Die Ursache für das Auftauchen solcher Zwerg-rubra ist damit noch immer nicht geklärt. Aber jedenfalls kann man sie nicht als Beweis für die Entstehung eines intraspezifischen Parasiten bzw. für sympatrische Speziation gebrauchen, wie das noch vor zwei Jahren versucht wurde: Savolainen, R. & Vepsäläinen, K. 2003: Sympatric speciation through intraspecific social parasitism. Proc. Natl. Acad. Sci. USA 100: 71697174.
Mir war das Verhalten der so genannten Parasitenart schon immer suspekt (Buschinger, A. 1997: Ist Myrmica microrubra eine sozialparasitische Ameise? in: Soziale Insekten, IUSSI-Tagung Graz 1997, p. 25, K. Crailsheim & A. Stabentheiner (Hrsg.)), aber das Gegenteil zu beweisen, war schon echt harte Forschungsarbeit, bei der Fachleute mit ganz unterschiedlichen Kenntnissen und methodischen Ausrüstungen kooperieren mussten.
Hier kann man die Kurzfassung online aufrufen (und sich auch sonst in der Zeitschrift Journal of Evolutionary Biology etwas umsehen):
http://www.blackwell-synergy.com/doi/ab ... 05.01053.x
Titel und Kurzfassung kopiere ich hier mal herein:
No sympatric speciation here: multiple data sources show that the ant Myrmica microrubra is not a separate species but an alternate reproductive morph of Myrmica rubra F. M. STEINER, B. C. SCHLICK-STEINER, H. KONRAD, K. MODER, E. CHRISTIAN, B. SEIFERT, R. H. CROZIER, C. STAUFFER & A. BUSCHINGER
Abstract
No aspect of speciation is as controversial as the view that new species can evolve sympatrically, among populations in close physical contact. Social parasitism has been suggested to yield necessary disruptive selection for sympatric speciation. Recently, mitochondrial DNA phylogeography has shown that the ant Myrmica microrubra is closely related to its host, Myrmica rubra, leading to the suggestion that sympatric speciation has occurred. We investigated the relationships between the two ant forms using mitochondrial and nuclear DNA sequences, microsatellite genotyping and morphometrics. Molecular phylogenetic and population structure analyses showed that M. microrubra does not evolve separately to its host but rather shares a gene pool with it. Probability analysis showed that mitochondrial DNA data previously adduced in favour of sympatric speciation do not in fact do so. Morphometrically, M. microrubra is most readily interpreted as a miniature queen form of M. rubra, not a separate species. Myrmica microrubra is not an example of speciation. The large (typical M. rubra) and small (M. microrubra) queen forms are alternative reproductive strategies of the same species. Myrmica microrubra Seifert 1993 is consequently synonymized here with M. rubra Linnaeus, 1758.
Anmerkung:
Ein in meinen Augen ziemlich bedenklicher Aspekt ist, dass die Herausgeber bzw. Gutachter der sehr renommierten Zeitschrift PNAS, in der die o.g. Arbeit von Savolainen & Vepsäläinen (2003) erschien, sich geweigert haben, unsere Arbeit zu veröffentlichen. Das zeigt, wie extrem vorsichtig man heute als Wissenschaftler sein muss, um nicht auf effektiv falsche Angaben (wie in der Arbeit S. & V. 2003) hereinzufallen: Eine Richtigstellung in der ursprünglichen Zeitschrift erfolgt nicht (will man sich nicht bloßstellen lassen?). Sie war nur in einer anderen (ebenfalls sehr renommierten) Zeitschrift möglich. Pech gehabt, wenn man auf die Arbeit in der PNAS aufbaut und die Richtigstellung im JEB übersieht: Da sind schnell viel Arbeitszeit und Forschungsmittel in den Sand gesetzt!
(Dies als kleinen Blick hinter die Kulissen des Wissenschaftsbetriebs).
A. Buschinger
Zuletzt geändert von Buschinger am 19. Dez. 2005, 20:35, insgesamt 1-mal geändert.
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Dachte ichs mir doch .....
Freut mich Hr. Buschinger das sich meine Vermutung, durch Ihre und ihren Kollegen erbrachte Wissenschaftliche Arbeit jetzt bestätigt.
Ich hatte damals schon über meine Haltung von Myrmica rubra in mehreren Foren berichtet (im Ameisenforum.info und damaligen Vorgängerforum), das ich der Meinung bin das es sich nicht um einen Sozialparasiten handelt, sondern um eine Art Fehlentwicklung von Gynen innerhalb der Art Myrmica rubra.
Ich kann hier zu nur noch mal sagen, dass das Auftreten dieser kleinwüchsigen Weibchen immer unregelmäßig war. Das heißt in manchen Jahren entstanden normal entwickelte Gynen und in einigen Jahren hatte ich ein gemischtes Auftreten von kleinwüchsigen und normal entwickelten Gynen von Myrmica rubra.
Ein Beitrag von mir aus dem Ameisenforum.info zu Thema siehe hier:
http://ameisenforum.info/thread.php?thr ... +microruba
Grüße Michael Schön
(entschuldigen sie meinen zuvor uneditierten Beitrag, den ich in Zustand einer Hypoglykämie schrieb.Ich hoffe es kam zu keinem Missverständnis
Ich hatte damals schon über meine Haltung von Myrmica rubra in mehreren Foren berichtet (im Ameisenforum.info und damaligen Vorgängerforum), das ich der Meinung bin das es sich nicht um einen Sozialparasiten handelt, sondern um eine Art Fehlentwicklung von Gynen innerhalb der Art Myrmica rubra.
Ich kann hier zu nur noch mal sagen, dass das Auftreten dieser kleinwüchsigen Weibchen immer unregelmäßig war. Das heißt in manchen Jahren entstanden normal entwickelte Gynen und in einigen Jahren hatte ich ein gemischtes Auftreten von kleinwüchsigen und normal entwickelten Gynen von Myrmica rubra.
Ein Beitrag von mir aus dem Ameisenforum.info zu Thema siehe hier:
http://ameisenforum.info/thread.php?thr ... +microruba
Grüße Michael Schön
(entschuldigen sie meinen zuvor uneditierten Beitrag, den ich in Zustand einer Hypoglykämie schrieb.Ich hoffe es kam zu keinem Missverständnis
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pdf der microrubra-Arbeit verfügbar
Interessenten kann ich jetzt die ganze Arbeit als pdf zumailen.
A. Buschinger
A. Buschinger
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Bin interessiert
Selbstverständlich bin ich ein Interessent !
Mit freundlichem Gruß
Michael Schön
Mit freundlichem Gruß
Michael Schön
pdf der microrubra-Arbeit
Bitte, mir auch!
Da muss ich nicht warten, bis es gedruckt vorliegt und dann zum Kopierer traben. (Die Messor-Arbeit hab' ich schon erjagt )
Im Voraus besten Dank für brand-new science on demand!
Gruß Tamandua
ALLEN EIN FROHES FEST UND GESUNDHEIT UND ALLES GUTE IM NEUEN JAHR!
Da muss ich nicht warten, bis es gedruckt vorliegt und dann zum Kopierer traben. (Die Messor-Arbeit hab' ich schon erjagt )
Im Voraus besten Dank für brand-new science on demand!
Gruß Tamandua
ALLEN EIN FROHES FEST UND GESUNDHEIT UND ALLES GUTE IM NEUEN JAHR!
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M. microrubra: Synonymisierung noch nicht amtlich
M. microrubra: Synonymisierung noch nicht amtlich
Gerade erinnert mich Donat Agosti daran, dass nach den Internationalen Nomenklaturregeln die Synonymisierung erst wirksam wird, wenn unsere Veröffentlichung tatsächlich in gedrucktem Zustand vorliegt. Die online-Vorab-Publikation allein bewirkt noch keine Namensänderung.
So lange dürfen sich die Mikrogynen also noch als eigene Art Myrmica microrubra betrachten. Aber es kann sich eigentlich nur noch um Tage, allenfalls ein paar Wochen handeln, bis sie wieder einfache M. rubra sind.
Ich hoffe, sie werden nicht schlechter schlafen ob dieser schrecklichen Rückstufung, die heimtückischer Weise auch noch während der wohlverdienten Winterruhe erfolgt. Sich als gute Art zur Ruhe zu begeben, und nach dem Erwachen einen anderen Namen tragen zu müssen: Es ist schon gut, dass es den Tierchen herzlich wurscht sein wird!
Damit wünsche ich allen, die hier noch reinsehen, einen Guten Rutsch und viel Aufregendes und Neues über unsere Ameisen in 2006!
A. Buschinger
Gerade erinnert mich Donat Agosti daran, dass nach den Internationalen Nomenklaturregeln die Synonymisierung erst wirksam wird, wenn unsere Veröffentlichung tatsächlich in gedrucktem Zustand vorliegt. Die online-Vorab-Publikation allein bewirkt noch keine Namensänderung.
So lange dürfen sich die Mikrogynen also noch als eigene Art Myrmica microrubra betrachten. Aber es kann sich eigentlich nur noch um Tage, allenfalls ein paar Wochen handeln, bis sie wieder einfache M. rubra sind.
Ich hoffe, sie werden nicht schlechter schlafen ob dieser schrecklichen Rückstufung, die heimtückischer Weise auch noch während der wohlverdienten Winterruhe erfolgt. Sich als gute Art zur Ruhe zu begeben, und nach dem Erwachen einen anderen Namen tragen zu müssen: Es ist schon gut, dass es den Tierchen herzlich wurscht sein wird!
Damit wünsche ich allen, die hier noch reinsehen, einen Guten Rutsch und viel Aufregendes und Neues über unsere Ameisen in 2006!
A. Buschinger