Prof. Walter Kirchner ist von uns gegangen

Was sonst nirgends rein passt...

Moderatoren: Gerhard Heller, Buschinger

Antworten
Buschinger
Beiträge: 1487
Registriert: 26. Apr. 2004, 12:34
Wohnort: Reinheim

Prof. Walter Kirchner ist von uns gegangen

Beitrag von Buschinger »

Heute hat mich die traurige Nachricht erreicht: Am 3. April 2019 verstarb Prof. em. Dr. Walter Kirchner, im Alter von 86 Jahren.
Als Doktorand und später Wissenschaftlicher Assistent von Prof. Gößwald war er praktisch von Anfang an mit Waldameisenschutz und -hege beschäftigt.
Im Antwiki finden sich einige Zitate seiner deutschsprachigen wissenschaftlichen Arbeiten über Waldameisen, sowie ein gutes Foto. http://www.antwiki.org/wiki/Kirchner,_Walter
Prof. Walter Kirchner<br />(aus dem AntWiki)
Prof. Walter Kirchner
(aus dem AntWiki)
Außer über Waldameisen hat er auch über die Biologie von Spinnen geforscht. Zuletzt war er an der RWTH Aachen tätig, in der Abteilung Zoologie und Humanbiologie, Institut für Biologie II.

Mit Walter Kirchner verband mich eine lange Freundschaft seit unserer gemeinsamen Zeit am Institut für Angewandte Zoologie der Universität Würzburg (Leiter: Prof. Dr. K. Gößwald), wo ich ihn kennenlernte während ich meine Doktorarbeit anfertigte. Wir haben einiges gemeinsam unternommen, so vom Institut organisierte Exkursionen in den Bay. Wald, und in den Apennin bei Forli (Nähe Florenz). Gemeinsam haben wir um 1965 im Nürnberger Reichswald die von Prof. Gößwald initiierten Waldameisenansiedlungen besucht: Es galt rund 400 der dort eingesetzten Formica-Nester zu bestimmen. - Einige Jahre zuvor hatte J. C. Betrem (1960) „Ueber die Systematik der Formica rufa-Gruppe“ die Unterscheidung von Formica rufa und F. polyctena nach Behaarungsmerkmalen propagiert (ausführlich hier zu lesen: http://biostor.org/reference/49739).
Bis dahin hielt man alles, was polygyn, polydom und relativ klein war, für die „Kleine Rote Waldameise“ F. polyctena, während F. rufa größer und monogyn sein und in Einzelnestern vorkommen sollte.
Nach der neuen Taxonomie von Betrem gibt es jedoch von Formica rufa neben den monogynen Einzelnestern auch zahlreiche polygyn/polydome Kolonieverbände!
Nachdem in den 1950er Jahren im Nürnberger Reichswald beide Arten als „Kleine Rote Waldameise“ durcheinander angesiedelt worden waren, mussten wir dort gegen 400 Nester auf ihre Zugehörigkeit zu F. rufa oder F. polyctena überprüfen, denn die polygyne F. rufa war für die künstliche Vermehrung weniger geeignet als die „echte“ F. polyctena. Es war nötig, von jedem Nest ein paar Individuen einzeln festzuhalten und mittels Lupe gegen den Himmel auf Borsten an der Kopfunterseite zu kontrollieren. Obwohl wir Gummi-Fingerlinge trugen, hatten wir bald große Blasen an Daumen und Zeigefinger; die Säure ging durch! Oft genug waren Walter und ich uns nicht einig. So mussten wir noch ein paar Tiere mehr ansehen. Aber wir haben schon richtig geschaut: Es gab tatsächlich gemischte Völker mit beiden Arten. - Doch genug der Anekdoten.

Walter Kirchner war ein guter Freund, ein warmherziger, hilfsbereiter und humorvoller Mensch. Noch im Januar dieses Jahres haben wir uns mal wieder telefonisch ausgetauscht. Sein Ableben ist nicht nur für mich ein schmerzlicher Verlust.

A. Buschinger
!!! EINHEIMISCHE HAUSAMEISEN SIND KEINE SCHÄDLINGE per se !!! - Sie nutzen nur Baufehler bzw. Bauschäden zur Anlage ihrer Nester. Dies ist anders bei Exoten wie Pharaoameise, Pheidole spp. usw..
Antworten