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Camponotus-Befall?

Verfasst: 26. Mär. 2012, 23:59
von sassnitz25
Guten Tag,

wir wohnen auf 1.200 M Höhe in einem typischen Schweizer Chalet-Haus von 1960, Keller und Erdgeschoss also gemauert, darüber alles Holz. Das Haus wurde 1996 auf Erdgeschoss-Höhe von außen gedämmt, d.h. unter einer Verkleidung befinden sich mehrere cm Füllmaterial (Styropor o.ä.). In unmittelbarer Umgebung des Hauses stehen einige Laubbäume (höhere Äste berühren den Balkon auch an einer Stelle), generell ist die Gegend sehr ländlich und holzreich. Etwa 20 bis 30 Meter von Haus entfernt befindet sich ein kleinerer, aber wachsender Ameisenhügel.

Nun zum eigentlichen Problem. Seit etwa zwei Wochen tauchen im Flur und den Zimmern des 1 Stockwerkes vermehrt Ameisen auf. Die Tiere sind schwarz, mind. 1 cm lang und geflügelt - siehe Fotos.
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Sie treten den ganzen Tag über, vermehrt aber in den Abendstunden auf. Dann scheinen sie zum Licht hin zu streben. Zurzeit finden sich über den Tag verteilt ca. 20 bis 30 Tiere. Sie laufen nicht sehr zielstrebig und vor allem am Boden umher. Woher die Ameisten kommen, ist nicht auszumachen. Auffällig ist nur, dass sie weder im Erdgeschoss noch im obersten Stockwerk sind (einem teilweise ausgebaute Dachstuhl), sondern nur im 1. Stock. Probleme mit Feuchtigkeit bestehen nicht bzw. sind uns bislang nicht aufgefallen. Allerdings befindet sich das Bad im 1. Stock, ist also umgeben von Holzwänden.

Wir hatten im Sommer manchmal vereinzelte Camponotus(?)-Ameisen im Haus, auch diese fast ausschließlich im 1. Stock. Bisher waren wir davon ausgegangen, dass diese sich ins Haus "verirrt" hatten. Dass die Tiere geflügelt sind und so früh und gehäuft auftauchen, ist jedoch das erste Mal. Draußen liegt noch recht viel (tauender) Schnee; tagsüber sind es teilweise über 10, nachts bleibt es knapp über Null Grad.

Zwei Fragen zu den Ameisen:

- Um welche Art könnte es sich handeln?
- Wie wahrscheinlich ist es, dass sich das Nest der Tiere im Haus befindet?

Vielen Dank für die Hilfe!

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Nachtrag: Heute Morgen, sonnig, 12 Grad, ist zum ersten Mal wieder ein einzelnes Exemplar von den unbeflügelten Camponotus (?) über den besagten Flur spaziert. Siehe nachfolgende Bilder. Ich nehme an, die Geflügelten und diese Dame hier gehören zusammen?
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Re: Camponotus-Befall?

Verfasst: 27. Mär. 2012, 12:35
von Gerhard Heller
Hallo,

die Fotos sind sehr gut, so dass man die Ameisen eindeutig als C. herculeanus bestimmen kann. Die geflügelten Tiere sind Männchen. Die Art ist weit verbreitet in montanen Regionen und kommt in den Alpen bis zur Baumgrenze vor.
Die Nester werden sowohl in totem Holz als auch in lebenden Bäumen (vorzugsweise Fichten) angelegt. Dass die Tiere in der Holzkonstruktion Ihres Hauses nisten, ist sicher. Wahrscheinlich werden die Ameisen auch die Styropor-Dämmung in den Nestbau einbeziehen.
Als Bekämpfungsmaßnahme bleibt nur Köderung. Allerdings müssen Sie damit rechnen, dass Sie durch Zuflug von Jungköniginnen oder auch Einwanderung von Freilandvölkern immer wieder Probleme bekommen werden. Der Ameisenhügel in der Nachbarschaft hat damit übrigens nichts zu tun. Der gehört einer Formica-Art.

Viele Grüße
G. Heller

Re: Camponotus-Befall?

Verfasst: 27. Mär. 2012, 12:42
von sassnitz25
Lieber Herr Heller,

herzlichen Dank für die Infos! Das hatte ich mir - nach Lektüre einiger Postings hier im Forum - fast schon so gedacht. Das Problem bei der Köderung könnte sein, dass (abgesehen von den vergangenen 2 Wochen) eigentlich nur sehr selten Tiere sichtbar im Haus herumlaufen. Wie gesagt: Im Sommer ab und zu mal eine Arbeiterin. Reicht das denn aus, um wenigstens das aktuell vorhandene Nest wirksam zu bekämpfen? Und welches Mittel hat Ihrer Erfahrung nach die besten Erfolgsaussichten? Im Forum hatte ich etwas von Nexalotte-Ameisenstreumittel (Wirkstoff: Fipronil) der Firma Celaflor gelesen. Dieses Mittel sollte mit Honigwasser gemischt oder mit einer fleischhaltigen Grundlage als Köder eingesetzt werden. Gilt dieser Tipp noch?
Nochmals vielen Dank.

Ach ja, nur der Vollständigkeit halber: hier der kleine Ameisenhügel, der sich in der Nähe des Hauses befindet. Tatsächlich eine völlig andere Ameise.
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Re: Camponotus-Befall?

Verfasst: 27. Mär. 2012, 18:52
von Gerhard Heller
Hallo,

zur Bekämpfung von Camponotus kann ich Ihnen folgende Erfahrung mitteilen:

Im vergangenen Jahr habe ich bei Bekannten Hilfestellung zur Tilgung eines Befalls mit C. ligniperdus (Schwesterart von herculeanus) geleistet.
Das Haus - in Holzständerbauweise - war an mehreren Stellen befallen. An einer Wand konnte man Nagegeräusche der Ameisen hören. Sämtliche Baumaterialien, also Holz, Dämmstoff und Folie waren in einem Genagselhaufen der Ameisen an der Außenwand zu finden. Zudem war an anderer Stelle ein Zustrom von zahlreichen Arbeiterinnen mit Puppen aus dem Freiland Richtung Haus zu beobachten, wo sie dann an der Wand emporliefen und im OG unter einem Fensterbrett verschwanden.
Da ein Gelköder, den die Bekannten zuvor gekauft hatten, gänzlich unbeachtet blieb, selbst wenn er aus der Dose entnommen und an die Laufwege der Ameisen geschmiert wurde, testeten wir nun eine 1:1-Mischung des Nexalotte-Streumittels (Fipronil) mit Thunfisch ("wässrig"). Dieser Köder wurde von den Ameisen massenhaft aufgesucht. Auch Streumittel allein mit Wasser befeuchtet wurde akzepiert. Zudem applizierten wir das Streumittel in das teils offene, teils gedeckte Gangsystem,das zum Haus führte. Die Bekannten berichteten wenige Tage später von einem massiven Totenfall an der Hauswand, und von da an war absolute Ruhe.

Da Sie derzeit keine Hinweise auf die Nesteingänge im Haus haben, empfehle ich Ihnen, an von Arbeiterinnen belaufenen Stellen eine Vorköderung (z.B. Zuckerwasser ohne Wirkstoff) durchzuführen. Wenn Sie hier vermehrt Ameisen beobachten, mit der eigentlichen Köderung beginnen!
Ich hoffe, dass sich meine positiven Erfahrungen bei C. ligniperdus auf Ihre herculeanus übertragen lassen und wünsche Ihnen guten Erfolg.

Viele Grüße
G. Heller

Re: Camponotus-Befall?

Verfasst: 27. Mär. 2012, 19:04
von sassnitz25
Vielen Dank für die ausführliche Beschreibung! Das werde ich dann wohl mal ausprobieren (müssen).

Tut mir zwar fast ein bisschen leid; an sich mag ich diese vergleichsweise gemütlichen Riesen ganz gerne (der Rest der Familie weniger). Aber bevor sie mir den Dachstuhl schreddern, serviere ich den Camponotus wohl besser mal den empfohlenen Thunfisch-Cocktail. Werde dann bei Gelegnheit berichten, ob und was es gebracht hat.

Grüße aus der Schweiz!