Neue Hoffnung im Kampf gegen invasive Ameisen???
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Neue Hoffnung im Kampf gegen invasive Ameisen???
Neue Hoffnung im Kampf gegen invasive Ameisen?
In den T-online-Nachrichten war am 18.9.06 ein Titel zu sehen: Ameisenplage: Tiere sollen sich selbst töten.
Text: US-Forscher haben möglicherweise einen Weg gefunden, der Ameisenplage in Kalifornien Herr zu werden. Der Biologe Neil Tsutsui und der Chemiker Kenneth Shea von der kalifornischen Universität in Irvine wollen den Geruch der Tiere verändern und damit einen Bürgerkrieg unter den Ameisen auslösen. Das berichtete die "Los Angeles Times". Die Plage entstand durch eine eingewanderte Ameisenart, die derzeit in riesigen Schwärmen besonders den südkalifornischen Bezirk San Diego heimsucht.
Tiere töten sich gegenseitig
Die Ameisen würden sich untereinander am Geruch erkennen. Würde dieser verändert, dächten die Ameisen, es handele sich bei ihrem Gegenüber um einen Feind. Versuche mit 1200 Ameisen hätten gezeigt, dass die manipulierten Tiere sich gegenseitig bekämpften und töteten, sagten die Forscher. Die Ameisenart, um die es geht, kommt ursprünglich aus Argentinien und wurde 1891 per Schiff in die USA eingeschleppt.
Es geht, wie man ahnen kann, um die Argentinische Ameise, Linepithema humile, die auch an den Küsten des Mittelmeeres für die einheimischen Ameisen eine Bedrohung darstellt. Ein Bild dazu zeigte allerdings eindeutig eine Waldameisen-Arbeiterin, die eine geflügelte Gyne beleckt.
Im amerikanischen Forum stieß ich auf weitere, eher zutreffende Informationen.
http://www.latimes.com/news/local/la-me ... -headlines
Der Text in der Los Angeles Times vom 18.9.2006 ist nicht ganz einfach zu übersetzen. Grundlage ist ein Bericht der Universität von Kalifornien in Irvine:
UC Irvine Scientists Make Ants Go Ape by Giving Them B.O.
Researchers, looking for an edge against the invasive Argentine species, alter its scent in hopes of triggering a civil war.
By Roy Rivenburg, Times Staff Writer
September 15, 2006
Man will also den Geruch von Argentinischen Ameisen verändern um einen Bürgerkrieg auszulösen. Laut dem Bericht hat man, d.h. ein Chemiker und ein Biologe, fünf für den Menschen ungefährliche Verbindungen isoliert, die bei den Ameisen unterschiedliche aggressive Reaktionen auslösen, wenn man sie Artgenossen auf den Körper aufträgt, von Drohverhalten bis zum Kopfabschneiden.
But researchers at UCI think they've discovered the six-legged insect's Achilles' heels.
(Die Forscher an der UCI glauben, dass sie die Achillesferse der sechsbeinigen Insekten entdeckt haben).
Shea, einer der Forscher, meint: Die vorläufigen Ergebnisse weisen darauf hin, dass man durch Manipulation der Chemikalien auf der Kutikula der Ameisen deren kooperatives Verhalten stören und letztlich in ihren riesigen Kolonien Bürgerkrieg auslösen kann. Er verweist darauf, dass in den Superkolonien von Linepithema humile in jedem Frühjahr etwa 90% der Königinnen exekutiert werden (ein länger bekanntes Phänomen A.B.).
Die Argentinischen Ameisen seien 1891 auf Dampfschiffen mit Kaffee und Zucker aus Südamerika in New Orleans eingeschleppt worden. Seitdem haben sie die Mutter-Kind-Familien einheimischer Arten überrannt und das ökologische Gleichgewicht gestört.
Obwohl auch die Fire Ants auf dem Vormarsch sind, bleiben die Argentinischen Ameisen die häufigsten Arthropoden in Kalifornien.
Synthetisch hergestellte Ameisendüfte könnten schließlich in Sprays oder Köder eingearbeitet werden, die von den Ameisen ins Nest getragen werden und dort ein unterirdisches Armageddon auslösen, so Tsutsui.
But homeowners expecting relief from the persistent pests shouldn't get their hopes up. Finding the most potent ant rage elixir could take several years, said Miriam Brandt, a postdoctoral researcher on the project.
(Hauseigentümer allerdings, die sich eine Entlastung von den hartnäckigen Schädlingen erwarten, sollten sich nicht zu früh Hoffnung machen. Das wirksamste Mittel herauszufinden könnte einige Jahre dauern, sagt Miriam Brandt, eine als Postdoc in dem Projekt tätige Forscherin). Und auch dann sei das Optimum, was man versprechen könne, eine Reduktion der Population, keine Ausrottung.
------
So viel zu den Berichten. Ich muss wieder einmal kritisch anmerken, dass es zunehmend Mode wird, Forschungsergebnisse oder, wie hier, gerade angelaufene Vorhaben, zum Teil reißerisch über die Medien publik zu machen, oft entsprechend verfälscht und lange bevor fundierte, nachprüfbare Daten in der Fachpresse vorgelegt werden. Das ist heute leider keine Ausnahme mehr.
Sehr erfreut, ja ein bisschen stolz, bin ich jedoch über die kritischen Anmerkungen am Ende des Berichts: Sie stammen von der Deutschen Miriam Brandt, die ich gut kenne: Sie hat ihre Doktorarbeit in Regensburg angefertigt, bei Prof. Jürgen Heinze, der wiederum seine Doktorarbeit in Darmstadt bei mir gemacht hatte. Nun ist sie also auf einer Postdoktoranden-Stelle in Kalifornien tätig, um sich dort weiter zu qualifizieren. Ich wünsche ihr den Mut, ihren Gastgebern in gebührender Weise auf die Finger zu sehen!
A. Buschinger
Edit 19.09.06:
Auf eine Rückfrage bei Frau Dr. Brandt erhielt ich per e-mail folgende Antwort (Auszug):
Lieber Herr Buschinger,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich denke, Sie haben den Sachverhalt sehr treffend wiedergegeben. Ihr Anliegen, die Einfuhr exotischer Ameisen zu Haltungszwecken zu unterbinden, kann ich nur voll und ganz unterstützen. Hier in Süd-Kalifornien begegnet man (außer in extrem trockenen Habitaten) ausschließlich Linepithema, und das in unvorstellbaren Mengen, was fatale Konsequenzen für die gesamten Ökosysteme hat. Falls ich Ihnen mit weiteren Informationen helfen kann, sagen Sie einfach Bescheid!
Die Presse ist durch einen Vortrag eines unserer Kollaborateure auf der Tagung der American Chemical Society aufmerksam geworden. Uns war der Rummel eigentlich nicht recht, weil diese Daten zum einen noch nicht veröffentlicht sind, und zum anderen der Eindruck erweckt wird, wir hätten eine Wunderwaffe gegen Argentinische Ameisen entwickelt, was nicht zutreffend ist. Immerhin enthält der LA Times-Artikel keine grundlegend falschen Informationen, auch wenn wir natürlich eine weniger reißerische Wortwahl bevorzugt hätten.
In den T-online-Nachrichten war am 18.9.06 ein Titel zu sehen: Ameisenplage: Tiere sollen sich selbst töten.
Text: US-Forscher haben möglicherweise einen Weg gefunden, der Ameisenplage in Kalifornien Herr zu werden. Der Biologe Neil Tsutsui und der Chemiker Kenneth Shea von der kalifornischen Universität in Irvine wollen den Geruch der Tiere verändern und damit einen Bürgerkrieg unter den Ameisen auslösen. Das berichtete die "Los Angeles Times". Die Plage entstand durch eine eingewanderte Ameisenart, die derzeit in riesigen Schwärmen besonders den südkalifornischen Bezirk San Diego heimsucht.
Tiere töten sich gegenseitig
Die Ameisen würden sich untereinander am Geruch erkennen. Würde dieser verändert, dächten die Ameisen, es handele sich bei ihrem Gegenüber um einen Feind. Versuche mit 1200 Ameisen hätten gezeigt, dass die manipulierten Tiere sich gegenseitig bekämpften und töteten, sagten die Forscher. Die Ameisenart, um die es geht, kommt ursprünglich aus Argentinien und wurde 1891 per Schiff in die USA eingeschleppt.
Es geht, wie man ahnen kann, um die Argentinische Ameise, Linepithema humile, die auch an den Küsten des Mittelmeeres für die einheimischen Ameisen eine Bedrohung darstellt. Ein Bild dazu zeigte allerdings eindeutig eine Waldameisen-Arbeiterin, die eine geflügelte Gyne beleckt.
Im amerikanischen Forum stieß ich auf weitere, eher zutreffende Informationen.
http://www.latimes.com/news/local/la-me ... -headlines
Der Text in der Los Angeles Times vom 18.9.2006 ist nicht ganz einfach zu übersetzen. Grundlage ist ein Bericht der Universität von Kalifornien in Irvine:
UC Irvine Scientists Make Ants Go Ape by Giving Them B.O.
Researchers, looking for an edge against the invasive Argentine species, alter its scent in hopes of triggering a civil war.
By Roy Rivenburg, Times Staff Writer
September 15, 2006
Man will also den Geruch von Argentinischen Ameisen verändern um einen Bürgerkrieg auszulösen. Laut dem Bericht hat man, d.h. ein Chemiker und ein Biologe, fünf für den Menschen ungefährliche Verbindungen isoliert, die bei den Ameisen unterschiedliche aggressive Reaktionen auslösen, wenn man sie Artgenossen auf den Körper aufträgt, von Drohverhalten bis zum Kopfabschneiden.
But researchers at UCI think they've discovered the six-legged insect's Achilles' heels.
(Die Forscher an der UCI glauben, dass sie die Achillesferse der sechsbeinigen Insekten entdeckt haben).
Shea, einer der Forscher, meint: Die vorläufigen Ergebnisse weisen darauf hin, dass man durch Manipulation der Chemikalien auf der Kutikula der Ameisen deren kooperatives Verhalten stören und letztlich in ihren riesigen Kolonien Bürgerkrieg auslösen kann. Er verweist darauf, dass in den Superkolonien von Linepithema humile in jedem Frühjahr etwa 90% der Königinnen exekutiert werden (ein länger bekanntes Phänomen A.B.).
Die Argentinischen Ameisen seien 1891 auf Dampfschiffen mit Kaffee und Zucker aus Südamerika in New Orleans eingeschleppt worden. Seitdem haben sie die Mutter-Kind-Familien einheimischer Arten überrannt und das ökologische Gleichgewicht gestört.
Obwohl auch die Fire Ants auf dem Vormarsch sind, bleiben die Argentinischen Ameisen die häufigsten Arthropoden in Kalifornien.
Synthetisch hergestellte Ameisendüfte könnten schließlich in Sprays oder Köder eingearbeitet werden, die von den Ameisen ins Nest getragen werden und dort ein unterirdisches Armageddon auslösen, so Tsutsui.
But homeowners expecting relief from the persistent pests shouldn't get their hopes up. Finding the most potent ant rage elixir could take several years, said Miriam Brandt, a postdoctoral researcher on the project.
(Hauseigentümer allerdings, die sich eine Entlastung von den hartnäckigen Schädlingen erwarten, sollten sich nicht zu früh Hoffnung machen. Das wirksamste Mittel herauszufinden könnte einige Jahre dauern, sagt Miriam Brandt, eine als Postdoc in dem Projekt tätige Forscherin). Und auch dann sei das Optimum, was man versprechen könne, eine Reduktion der Population, keine Ausrottung.
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So viel zu den Berichten. Ich muss wieder einmal kritisch anmerken, dass es zunehmend Mode wird, Forschungsergebnisse oder, wie hier, gerade angelaufene Vorhaben, zum Teil reißerisch über die Medien publik zu machen, oft entsprechend verfälscht und lange bevor fundierte, nachprüfbare Daten in der Fachpresse vorgelegt werden. Das ist heute leider keine Ausnahme mehr.
Sehr erfreut, ja ein bisschen stolz, bin ich jedoch über die kritischen Anmerkungen am Ende des Berichts: Sie stammen von der Deutschen Miriam Brandt, die ich gut kenne: Sie hat ihre Doktorarbeit in Regensburg angefertigt, bei Prof. Jürgen Heinze, der wiederum seine Doktorarbeit in Darmstadt bei mir gemacht hatte. Nun ist sie also auf einer Postdoktoranden-Stelle in Kalifornien tätig, um sich dort weiter zu qualifizieren. Ich wünsche ihr den Mut, ihren Gastgebern in gebührender Weise auf die Finger zu sehen!
A. Buschinger
Edit 19.09.06:
Auf eine Rückfrage bei Frau Dr. Brandt erhielt ich per e-mail folgende Antwort (Auszug):
Lieber Herr Buschinger,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich denke, Sie haben den Sachverhalt sehr treffend wiedergegeben. Ihr Anliegen, die Einfuhr exotischer Ameisen zu Haltungszwecken zu unterbinden, kann ich nur voll und ganz unterstützen. Hier in Süd-Kalifornien begegnet man (außer in extrem trockenen Habitaten) ausschließlich Linepithema, und das in unvorstellbaren Mengen, was fatale Konsequenzen für die gesamten Ökosysteme hat. Falls ich Ihnen mit weiteren Informationen helfen kann, sagen Sie einfach Bescheid!
Die Presse ist durch einen Vortrag eines unserer Kollaborateure auf der Tagung der American Chemical Society aufmerksam geworden. Uns war der Rummel eigentlich nicht recht, weil diese Daten zum einen noch nicht veröffentlicht sind, und zum anderen der Eindruck erweckt wird, wir hätten eine Wunderwaffe gegen Argentinische Ameisen entwickelt, was nicht zutreffend ist. Immerhin enthält der LA Times-Artikel keine grundlegend falschen Informationen, auch wenn wir natürlich eine weniger reißerische Wortwahl bevorzugt hätten.
Zuletzt geändert von Buschinger am 28. Feb. 2007, 15:46, insgesamt 3-mal geändert.
!!! EINHEIMISCHE HAUSAMEISEN SIND KEINE SCHÄDLINGE per se !!! - Sie nutzen nur Baufehler bzw. Bauschäden zur Anlage ihrer Nester. Dies ist anders bei Exoten wie Pharaoameise, Pheidole spp. usw..
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Bei dieser Gelegenheit möchte ich mal eine Frage stellen, die mir schon seit längerem durch den Kopf geht und auf folgender Überlegung beruht: Das enorme Durchsetzungsvermögen der Argentinischen Ameise in Gebieten, in die sie eingeschleppt wurde, resultiert doch angeblich aus ihrer Unikolonialität. In ihrem Ursprungsland ist die Art dagegen multikolonial und erreicht aufgrund intraspezifischer Konkurrenz nur "Normalmaß". Nun gibt es ja auch im Mittelmeergebiet zwei Stämme, die sich nicht "grün" sind. Würde man Populationen beider Stämme wechselseitig jeweils ins Gebiet des anderen verfrachten, so wäre eine Konkurrenzsituation geschaffen und längerfristig würde sich möglicherweise ein niedrigeres Niveau einstellen. Na ja vielleicht nur eine Schnapsidee. Aber verderben könnte man wohl nichts.
G. Heller
G. Heller
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Lieber Herr Heller,
Die Überlegung ist sicher prinzipiell richtig. Ich sehe zwei Probleme:
1.) Es würde einen enormen Arbeitsaufwand bedeuten, allein um die iberische Halbinsel herum über 6.000 Kilometer hinweg Teilvölker der einen (weniger verbreiteten) Population A in die Areale der anderen (B) zu verfrachten.
2.) Als Ergebnis hätte man eine (vielleicht) ausgerottete Population, die durch Völker der anderen ersetzt wäre: Man hätte den Teufel mit Beelzebub ausgetrieben!
Im amerikanischen Forum kamen auch bereits kritische Stimmen. Z.B. wurde vermerkt, dass man die Tiere, statt sie mit einem agressionsauslösenden Stoff zu "behandeln", dann doch gleich mit einem Insektizid besprühen könnte.
Meine derzeitige Einschätzung: Ein sehr wahrscheinlich für die Praxis untauglicher Versuch!
Viele Grüße,
Ihr A. Buschinger
Die Überlegung ist sicher prinzipiell richtig. Ich sehe zwei Probleme:
1.) Es würde einen enormen Arbeitsaufwand bedeuten, allein um die iberische Halbinsel herum über 6.000 Kilometer hinweg Teilvölker der einen (weniger verbreiteten) Population A in die Areale der anderen (B) zu verfrachten.
2.) Als Ergebnis hätte man eine (vielleicht) ausgerottete Population, die durch Völker der anderen ersetzt wäre: Man hätte den Teufel mit Beelzebub ausgetrieben!
Im amerikanischen Forum kamen auch bereits kritische Stimmen. Z.B. wurde vermerkt, dass man die Tiere, statt sie mit einem agressionsauslösenden Stoff zu "behandeln", dann doch gleich mit einem Insektizid besprühen könnte.
Meine derzeitige Einschätzung: Ein sehr wahrscheinlich für die Praxis untauglicher Versuch!
Viele Grüße,
Ihr A. Buschinger
Lieber Herr Buschinger,
zu Ihrem letzten Beitrag habe ich zwei Anmerkungen:
1.) Die Idee, die europäische Linepithema-Population durch Durchmischung der beiden Superkolonien zu kontrollieren, ist prinzipiell sehr gut; ich stimme aber mit Ihnen überein, dass die Schwierigkeiten damit vorwiegend logistischer Natur sein dürften.
2.) Zu der Kritik, man könnte die Ameisen statt mit Kohlenwasserstoffen auch gleich mit Insektizid besprühen: Ich sehe zwei Vorteile des "Kohlenwasserstoffsprays" gegenüber gängigen Insektensprays. Zum einen wären die Erkennungspheromone spezifisch für Linepithema, und man würde nicht die gesamte Insektenfauna im behandelten Gebiet ausrotten. Zum anderen sind diese Kohlenwasserstoffe für den Menschen ungiftig und könnten daher - im Gegensatz zu Pestiziden - auch bei Ameiseninvasionen in der Küche usw. angewendet werden.
Aber wie bereits gesagt, unsere Forschung gilt zunächst der Decodierung des Koloniegeruchs bei dieser Art; ob die Ergebnisse sich praktisch anwenden lassen, wird sich wohl erst in ein paar Jahren zeigen.
Viele Grüsse,
Miriam Brandt
zu Ihrem letzten Beitrag habe ich zwei Anmerkungen:
1.) Die Idee, die europäische Linepithema-Population durch Durchmischung der beiden Superkolonien zu kontrollieren, ist prinzipiell sehr gut; ich stimme aber mit Ihnen überein, dass die Schwierigkeiten damit vorwiegend logistischer Natur sein dürften.
2.) Zu der Kritik, man könnte die Ameisen statt mit Kohlenwasserstoffen auch gleich mit Insektizid besprühen: Ich sehe zwei Vorteile des "Kohlenwasserstoffsprays" gegenüber gängigen Insektensprays. Zum einen wären die Erkennungspheromone spezifisch für Linepithema, und man würde nicht die gesamte Insektenfauna im behandelten Gebiet ausrotten. Zum anderen sind diese Kohlenwasserstoffe für den Menschen ungiftig und könnten daher - im Gegensatz zu Pestiziden - auch bei Ameiseninvasionen in der Küche usw. angewendet werden.
Aber wie bereits gesagt, unsere Forschung gilt zunächst der Decodierung des Koloniegeruchs bei dieser Art; ob die Ergebnisse sich praktisch anwenden lassen, wird sich wohl erst in ein paar Jahren zeigen.
Viele Grüsse,
Miriam Brandt
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- Beiträge: 838
- Registriert: 07. Jul. 2005, 12:19
Titel: Antworten mit Zitat
Lieber Herr Buschinger,
zu Ihrem letzten Beitrag habe ich zwei Anmerkungen:
Liebe Frau Brandt, lieber Herr Buschinger,
bezügl. der logistischen Probleme meines "Vorschlages" (es war ja eher nur eine Frage, ob eine solche Strategie prinzipiell ein gangbarer Weg sein könnte) möchte ich noch einige Anmerkungen machen, die allerdings nur auf Beobachtungen in einigen Gebieten des westlichen Mittelmeerraums basieren. Soweit ich die Situation von Italien, Südfrankreich und Nordspanien kenne, ist L. h. glücklicherweise nicht kontinuierlich entlang der Küste verbreitet, sondern beschränkt sich weitgehend auf stark zersiedelte Habitate. Auch in diesen Vorkommen hat die Art aber nicht überall eine dominierende Stellung. Die Bekämpfung könnte sich daher auf richtige "hot spots" konzentrieren (wahrscheinlich immer noch zu viele).
Natürlich wäre es "Teufel vs. Beelzebub". Nur: die beiden wären in diesem Fall identisch. Wenn es also darauf hinaus liefe, dass ggf. eine Population die andere ersetzen würde, bliebe die Situation doch grundsätzlich unverändert (es sei denn, dass es L.h.-Stämme unterschiedlicher "Virulenz" gibt?). Ein typischer Austreibungsversuch des Teufels mit dem Beelzebub wäre es dagegen, wenn man z.B. in Kalifornien Solenopsis invicta auf L. h. loslassen würde oder im Mittelmeergebiet Lasius neglectus.
Zur Manipulation des Koloniedufts habe ich noch folgende Frage: soll sich diese speziell gegen die Königinnen richten? Das könnte man der Anmerkung entnehmen, dass jährlich 90 % der Weibchen im Nest von den Arbeiterinnen eliminiert werden (also manipuliert man so, dass alle Weibchen getötet werden). Oder hat man einen generellen "Bürgerkrieg" im Sinn, was sicher einfacher, schneller und effizienter wäre?
Übrigens findet ein Königinnenmassaker z.B. auch bei der polygynen "Version" von Tetramorium moravicum statt. In der Begattungsphase findet man zahlreiche verstümmelte Weibchen in den Nestern. Auch im Kunstnest wurden frisch begattete Jungweibchen von ihren Arbeiterinnen völlig zerlegt.
Viele Grüße
G. Heller
Lieber Herr Buschinger,
zu Ihrem letzten Beitrag habe ich zwei Anmerkungen:
Liebe Frau Brandt, lieber Herr Buschinger,
bezügl. der logistischen Probleme meines "Vorschlages" (es war ja eher nur eine Frage, ob eine solche Strategie prinzipiell ein gangbarer Weg sein könnte) möchte ich noch einige Anmerkungen machen, die allerdings nur auf Beobachtungen in einigen Gebieten des westlichen Mittelmeerraums basieren. Soweit ich die Situation von Italien, Südfrankreich und Nordspanien kenne, ist L. h. glücklicherweise nicht kontinuierlich entlang der Küste verbreitet, sondern beschränkt sich weitgehend auf stark zersiedelte Habitate. Auch in diesen Vorkommen hat die Art aber nicht überall eine dominierende Stellung. Die Bekämpfung könnte sich daher auf richtige "hot spots" konzentrieren (wahrscheinlich immer noch zu viele).
Natürlich wäre es "Teufel vs. Beelzebub". Nur: die beiden wären in diesem Fall identisch. Wenn es also darauf hinaus liefe, dass ggf. eine Population die andere ersetzen würde, bliebe die Situation doch grundsätzlich unverändert (es sei denn, dass es L.h.-Stämme unterschiedlicher "Virulenz" gibt?). Ein typischer Austreibungsversuch des Teufels mit dem Beelzebub wäre es dagegen, wenn man z.B. in Kalifornien Solenopsis invicta auf L. h. loslassen würde oder im Mittelmeergebiet Lasius neglectus.
Zur Manipulation des Koloniedufts habe ich noch folgende Frage: soll sich diese speziell gegen die Königinnen richten? Das könnte man der Anmerkung entnehmen, dass jährlich 90 % der Weibchen im Nest von den Arbeiterinnen eliminiert werden (also manipuliert man so, dass alle Weibchen getötet werden). Oder hat man einen generellen "Bürgerkrieg" im Sinn, was sicher einfacher, schneller und effizienter wäre?
Übrigens findet ein Königinnenmassaker z.B. auch bei der polygynen "Version" von Tetramorium moravicum statt. In der Begattungsphase findet man zahlreiche verstümmelte Weibchen in den Nestern. Auch im Kunstnest wurden frisch begattete Jungweibchen von ihren Arbeiterinnen völlig zerlegt.
Viele Grüße
G. Heller
Lieber Herr Heller,
die Bemerkung über die Königinnen-Exekution hat mit der Manipulation des Koloniegeruches nichts zu tun - der LA Times-Reporter war nur absolut fasziniert von diesem Phänomen und hielt es wohl für erwähnenswert.
Wir hatten aber definitiv eher im Sinn, Kolonien durch einen "Bürgerkrieg" zu dezimieren, indem man fouragierende Arbeiterinnen besprüht, welche dann bei der Rückkehr ins Nest attackiert würden. So könnte man direkt die Anzahl von Arbeiterinnen reduzieren und gleichzeitig, durch Behinderung des Nahrungseintrages, das Koloniewachstum hemmen.
Viele Grüsse,
Miriam Brandt
die Bemerkung über die Königinnen-Exekution hat mit der Manipulation des Koloniegeruches nichts zu tun - der LA Times-Reporter war nur absolut fasziniert von diesem Phänomen und hielt es wohl für erwähnenswert.
Wir hatten aber definitiv eher im Sinn, Kolonien durch einen "Bürgerkrieg" zu dezimieren, indem man fouragierende Arbeiterinnen besprüht, welche dann bei der Rückkehr ins Nest attackiert würden. So könnte man direkt die Anzahl von Arbeiterinnen reduzieren und gleichzeitig, durch Behinderung des Nahrungseintrages, das Koloniewachstum hemmen.
Viele Grüsse,
Miriam Brandt