Erinnerungen an die Kinderzeit werden wach: Maikäfer flieg! Über Jahrzehnte hat man kaum mehr welche gesehen. Jetzt, im Mai 2006, ist in Südhessen ein Hauptflugjahr. Und seit 20 Jahren hat sich hier eine rapide wachsende Population des Waldmaikäfers aufgebaut, Melolontha hippocastani hat in diesem Jahr ein Massenauftreten auf 9.000 Hektar (= Achtzehntausend Fußballfelder!).
Von Natur aus haben die Maikäfer einen großen Populationszyklus von etwa 30-40 Jahren Dauer. Seit 1986 wuchs die Befallsfläche, und sie wird weiter wachsen, bis irgendwann dank Krankheitserregern mal wieder ein großer Zusammenbruch erfolgt. Überlagert ist das Ganze von dem 4-jährigen Entwicklungszyklus. Die Nachkommen der jetzt fliegenden Tiere werden im Mai 2010 wieder die Forstbehörden in Schrecken versetzen.
Licht- und Kahlfraß durch die Käfer, wie in den Bildern gezeigt, sind dabei nicht das Schlimmste: Die Engerlinge fressen über die Jahre im Boden Pflanzen-, und besonders Baumwurzeln ab. Die Folge sind absterbende Bäume, vor allem junge in den Pflanzungen. Und der Bestand von Alteichen stirbt wegen der Grundwasserabsenkung im Hessischen Ried, Wassereinzugsgebiet für Frankfurt und Darmstadt.
Bei Probegrabungen gefundene zwei Larven des 3. Stadiums auf einem Quadratmeter gelten bereits als gefährlich. 2004 wurden in dem jetzt befallenen Gebiet bis 78 pro Quadratmeter entdeckt!
Hessen Forst, die zuständige Forstbehörde, hat nahe Darmstadt einen Maikäfer-Lehrpfad eingerichtet. Wir haben ihn am Nachmittag des 6. Mai abgewandert. Nie zuvor haben wir derart viele Maikäfer beisammen gesehen! Man wird aufgefordert, ein armdickes Bäumchen zu schütteln: Wie Hagel prasseln die Käfer herab.
Am 14. März 2006 war ich zu einer Informationsveranstaltung im Forstamt Lampertheim eingeladen. Vorgestellt wurden Pläne zu einem Großversuch, bei dem im Mai insgesamt 300-400 ha mit biologischen Bekämpfungsmitteln behandelt werden sollen.
Das eine Mittel enthält einen im Waldboden ohnehin vorhandenen pilzlichen Krankheitserreger für Käferlarven, Beauveria brogniartii. Die fressenden Käfer nehmen die Pilzsporen mit in den Boden, wo sie sich zur Eiablage eingraben. Das andere Mittel ist ein Extrakt des indischen Neem-Baumes, Neem Azal©, das als Fraßgift die Käfer schwächt und ihre Fertilität verringert.
Für Waldmaikäfer gibt es zurzeit kein zugelassenes Bekämpfungsmittel mehr. Der Großversuch soll zeigen, ob für das eine oder andere Mittel die Zulassung weiter betrieben werden soll.
Nach meiner Einschätzung dürften beide Mittel für Waldameisen, die stellenweise in den Riedwäldern nicht selten sind, keine wesentliche Belastung darstellen, was ich bei der Veranstaltung auch zu Protokoll gab.
Laut der Darmstädter Tageszeitung vom 06. Mai 06 haben sich die großen Naturschutzverbände BUND und NABU jedoch gegen den Versuch gewandt, da sie Auswirkungen auf viele oder alle Insekten befürchten.
Ich denke, wenn man die folgenden Bilder sieht, wird man verstehen, dass die Forstbehörde etwas unternehmen MUSS.
A. Buschinger
(Anmerkung: Keines der Bilder wurde manipuliert! An vielen Stellen sitzen die Käfer wirklich so dicht an den Bäumen.
Eine Maikäfer-Wanderung
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