Ameisen, die schwimmen, tauchen und im Wasser Beute machen!

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Buschinger
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Ameisen, die schwimmen, tauchen und im Wasser Beute machen!

Beitrag von Buschinger »

Die tropischen Kannenpflanzen der Gattung Nepenthes (s. Bild) enthalten in den auffälligen Kannen ein Verdauungssekret. Als "fleischfressende" Pflanzen ernähren sie sich zum Teil von den in die Kannen geratenen Insekten. Darunter sind auch Ameisen und Termiten. Aber es geht auch anders: Schon lange weiß man, dass Ameisen in die Kannen tauchen und sich an der Beute der Pflanzen vergreifen können!

Jetzt ist eine Doktorarbeit aus Würzburg und Cambridge (GB) online gegangen, wo das Ganze sehr intensiv untersucht wurde: Bohn, Holger Florian (2007): Biomechanik von Insekten-Pflanzen-Interaktionen bei Nepenthes-Kannenpflanzen.
http://www.opus-bayern.de/uni-wuerzburg ... _opus=2610

Der Verfasser, Dr. H. F. Bohn, hat eine Kurzfassung seiner Arbeit unter der angegebenen URL ins Netz gestellt. Man kann dort auch die gesamte Dissertation (199 Seiten, etliche Bilder) downloaden.

Ein paar Auszüge aus der Zusammenfassung:

Ziel dieser Arbeit war es, die Rolle mechanischer Faktoren in der Interaktion zwischen der Kannenpflanze Nepenthes bicalcarata und der Ameise Camponotus schmitzi aufzuklären, bei der Ameisen Gegenanpassungen zu spezialisierten pflanzlichen Fangstrukturen entwickelt haben…..

Bisher wurde angenommen, dass Nepenthes-Kannen Tiere mit Hilfe von rutschigen Wachskristallschichten fangen. Ich konnte zeigen, dass ein weiterer, bisher unbekannter Fangmechanismus existiert, welcher auf speziellen Oberflächeneigenschaften des Kannenrandes (Peristom) und "Insekten-Aquaplaning" basiert. Das Peristom besitzt eine regelmäßige Mikrostruktur, welche dafür sorgt, dass die Oberfläche vollständig mit Wasser benetzbar ist, so dass sie bei feuchter Witterung von homogenen Flüssigkeitsfilmen überzogen ist. Auf dem trockenen Peristom können Ameisen ohne Schwierigkeiten laufen und Nektar von den am inneren Peristomrand gelegenen Nektarien ernten. Wird die Oberfläche aber beispielsweise durch Regen nass, rutschen die meisten Tiere ab und stürzen in die Kanne….

Im Rahmen der Untersuchungen, welche mechanischen Anpassungen C. schmitzi-Ameisen für das Leben auf N. bicalcarata besitzen habe ich mich auf die Fragen konzentriert, wie es den Ameisen gelingt den Peristom-Fangmechanismus zu umgehen und welche Anpassungen sie besitzen um in der Kannenflüssigkeit tauchend und schwimmend nach Nahrung zu suchen. Im Gegensatz zu generalistischen Arten stürzen C. schmitzi-Ameisen auf dem nassen Peristom nicht ab. Durch selektive Manipulation der tarsalen Haftstrukturen konnte ich demonstrieren, dass die Arolien für die Peristomlauffähigkeit der C. schmitzi-Ameisen eine wesentliche Rolle spielen…..

Für das Furagieren in der Kannenflüssigkeit verfügen C. schmitzi-Ameisen über ein sich wiederholendes, stereotypes Verhaltensmuster, welches aus einer Unterwasserlauf- und einer Oberflächenschwimmphase besteht. Meine Untersuchungen dieses Verhaltensmusters zeigten, dass die Ameisen am Ende der Unterwasserlaufphase mit Hilfe ihres stets vorhandenen Auftriebs zur Flüssigkeitsoberfläche aufsteigen. Dabei taucht ein Teil ihres Hinterleibs aus der Kannenflüssigkeit auf, was den Ameisen die Sauerstoffaufnahme aus der Luft ermöglicht.
Nach dem Auftauchen schwimmen C. schmitzi-Ameisen mittels schneller Beinbewegungen an der Oberfläche der Kannenflüssigkeit….
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Schon erstaunlich, was es bei Ameisen alles gibt!
A. Buschinger
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Borneo-Nepenthes-Blatt-web.jpg
!!! EINHEIMISCHE HAUSAMEISEN SIND KEINE SCHÄDLINGE per se !!! - Sie nutzen nur Baufehler bzw. Bauschäden zur Anlage ihrer Nester. Dies ist anders bei Exoten wie Pharaoameise, Pheidole spp. usw..
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